11Os116/21z – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 8. Februar 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl in Gegenwart des Rechtspraktikanten Mag. Jäger, BA, als Schriftführer in der Strafsache gegen M* K* und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen des Angeklagten E* K* und der Staatsanwaltschaft sowie die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten * H* gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 11. Mai 2021, GZ 72 Hv 16/21i 147, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten E* K* und * H* sowie aus deren Anlass werden das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, hinsichtlich E* K* im Schuldspruch zu I./2./, hinsichtlich * H* im gesamten Schuldspruch, demzufolge in den diese beiden Angeklagten betreffenden Strafaussprüchen (einschließlich der Vorhaftanrechnungen) und Aussprüchen des Verfalls und der Konfiskation, weiters im M* K* betreffenden Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung), darüber hinaus der Beschluss auf Anordnung der Bewährungshilfe für den Angeklagten * H* aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.
Es werden die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten E* K* und * H* im Übrigen, jene der Staatsanwaltschaft zur Gänze zurückgewiesen.
Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte E* K* ebenso wie die Staatsanwaltschaft auf die Aufhebung der Strafaussprüche verwiesen.
Dem Angeklagten E* K* fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last, soweit diese nicht die gänzlich erfolglose Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft betreffen.
Text
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil, welches auch einen irrig in Urteilsform gefassten Beschluss über die Anordnung von Bewährungshilfe enthält (US 5, siehe aber RIS Justiz RS0120887 [T3], RS0101841 [T1]), wurden M* K* des „Verbrechens“ (richtig [RIS Justiz RS0089903; 12 Os 21/17f vS]: Vergehens) des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 3 erster Fall SMG (I./1./ und II./), E* K* und * H* jeweils des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (K* zu I./2./; H* zu I./3./ und III./) und E* K* darüber hinaus auch „der“ (siehe unten ) Vergehen nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG schuldig erkannt.
[2] Danach haben in K*
I./ M* K*, E* K* und * H* von Anfang 2017 bis August 2020 vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Kokain mit einem „unterdurchschnittlichen“ Reinheitsgehalt von 30 % teils namentlich im Urteil genannten, teils unbekannt gebliebenen Abnehmern in zahlreichen entgeltlichen und gewinnbringenden Einzelverkäufen überlassen, wobei sie mit einem auf kontinuierliche Tatbegehung und den daran geknüpften Additionseffekt gerichteten Vorsatz handelten, und zwar,
1./ M* K* in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, und zwar zumindest 100 Gramm mit einer Reinsubstanz von zumindest 30 Gramm Kokainbase, wobei er jedoch selbst an Suchtmittel gewöhnt ist und die Straftat vorwiegend deshalb beging, um sich für seinen persönlichen Gebrauch Suchtmittel oder Mittel zu deren Erwerb zu verschaffen;
2./ E* K* in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge übersteigenden Menge, und zwar zumindest 1.686 Gramm mit einer Reinsubstanz von zumindest 505,8 Gramm Kokainbase;
3./ * H* in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge übersteigenden Menge, und zwar zumindest 1.326,50 Gramm mit einer Reinsubstanz von zumindest 397,95 Gramm Kokainbase ua an E* K*;
II./ M* K* von zumindest Anfang 2019 bis Mitte August 2020 vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, und zwar zumindest 62 Gramm Heroin mit einer Reinsubstanz von mindestens 6,2 Gramm Heroinbase namentlich im Urteil genannten Abnehmern in zahlreichen entgeltlichen und gewinnbringenden Einzelverkäufen überlassen, wobei er jedoch selbst an Suchtmittel gewöhnt ist und die Straftat vorwiegend deshalb beging, um sich für seinen persönlichen Gebrauch Suchtmittel oder Mittel zu deren Erwerb zu verschaffen;
III./ * H* von zumindest Anfang 2013 bis Mitte August 2020 vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, und zwar zumindest 1.369 Gramm Cannabiskraut mit einer Reinsubstanz von mindestens 114,86 Gramm THCA und 8,76 Gramm Delta 9 THC namentlich im Urteil genannten Abnehmern in zahlreichen entgeltlichen und gewinnbringenden Einzelverkäufen überlassen;
IV./ E* K* von einem unbestimmten Zeitpunkt bis zum 13. August 2020, wenn auch nur fahrlässig, unbefugt Waffen, und zwar ein Gewehr mit Zielfernrohr, einen Pfefferspray und ein Samurai Schwert besessen, obwohl ihm dies gemäß § 12 WaffG verboten ist.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dag egen richten sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 10 StPO gestützten, getrennt ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten E* K* und * H* sowie die aus Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO zum Nachteil der drei Angeklagten erhobene Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten E* K*:
[4] Soweit der Rechtsmittelantrag auf gänzliche Urteilsaufhebung abzielt, zu IV./ des Schuldspruchs jedoch kein Vorbringen erstattet wurde , blieb die Nichtigkeitsbeschwerde mangels deutlicher und bestimmter Bezeichnung von angeblich Nichtigkeit bewirkenden Umständen unausgeführt (§§ 285d Abs 1, 285a Z 2 StPO).
[5] Zutreffend releviert die Mängelrüge in Ansehung des Schuldspruchs I./2./ allerdings einen Widerspruch (Z 5 dritter Fall) zwischen den Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Urteilsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) und deren Referat im Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO). Die Konstatierung, der Beschwerdeführer habe an seine Abnehmer eine Gesamtmenge von 1.686 Gramm Kokain beinhaltend 252,9 Gramm Kokainbase weitergegeben (US 8, 12, 13), schließt die Annahme im Schuldspruch, E* K* habe anderen zumindest 1.686 Gramm Kokain mit einer Reinsubstanz von mindestens 505,8 Gramm Kokainbase überlassen (US 2), logisch aus (RIS Justiz RS0119089, RS0117402).
[6] Da der aufgezeigte Urteils mangel jedenfalls ein en 252,9 Gramm Kokainbase übersteigenden Teil des vom Angeklagten E* K* überlassenen Suchtgifts betrifft, ist dem Urteil zu I./2./ die Basis für die Annahme der Qualifikation nach § 28a Abs 4 Z 3 SMG entzogen. Um sicherzugehen, dass diese r Angeklagte keinen inhaltlichen Nachteil erleidet , weil hinsichtlich des Reinheitsgrades als solchem ein enger beweismäßiger Zusammenhang besteht, erachtete es der Oberste Gerichtshof im vorliegenden Fall für untunlich, den Schuldspruch zu I./2./ im über die in Rede stehende Qualifikation hinaus gehenden Umfang bestehen zu lassen ( § 289 StPO; vgl auch RIS Justiz RS0100072 ).
[7] Schon aus diesen Gründen war der Schuldspruch zu I./2./ – im Wesentlichen in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung aufzuheben (§ 285e StPO), womit das weitere zu I./2./ erstattete Vorbringen der Nichtigkeitsbeschwerde (Z 5 und 10) auf sich beruhen kann .
[8] Bleibt anzumerken, dass im Fall des Besitzes mehrerer Waffen durch ein und dieselbe Tat nur ein Vergehen nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG verwirklicht wird (RIS Justiz RS0130142 [T1]). Demnach ist dem Angeklagten E* K* zu IV./ des Urteils nur ein Vergehen nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG anzulasten. Zur amtswegigen Wahrnehmung darin gelegener materiell rechtlicher Nichtigkeit (Z 10) besteht jedoch kein Anlass, weil eine unrichtige Subsumtion den Angeklagten nicht ohne W eiteres im Sinn des § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO benachteiligt ( Ratz, WK StPO § 290 Rz 22 ff) und das Schöffengericht im zweiten Rechtsgang diesem Umstand – ohne Bindung an die verfehlte rechtliche Unterstellung – bei der Fällung seines Ergänzungsurteils Rechnung zu tragen hat (RIS Justiz RS0129614 [T1]).
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten * H*:
[9] Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) liegt nur bei einer (erheblich) unrichtigen oder unvollständigen Wiedergabe des Inhalts einer Urkunde oder einer Aussage im Urteil vor (RIS Justiz RS0099547). Indem der Beschwerdeführer aber bloß unter isolierter Hervorhebung einzelner Passagen von Aussagen des Angeklagten M* K* in der Hauptverhandlung die aus Einlassungen des Beschwerdeführers im Ermittlungsverfahren (ON 29 S 51–85) sowie aus Auswertungen von Wettbürodaten gezogenen Schlüsse der Tatrichter auf eine Bekanntschaft der Angeklagten E* K* und * H* schon vor 2019 als „aktenwidrig“ kritisiert, behauptet er ein solches Fehlzitat nicht einmal (vgl auch RIS Justiz RS0099431 [insb T5, T14]). Zudem übergeht der Nichtigkeitswerber die (früheren) Aussagen des Angeklagten M* K* in der Hauptverhandlung, er gehe davon aus, dass die beiden Mitangeklagten einander „wahrscheinlich schon 2016“ kennengelernt haben (ON 130 S 1 6, 19 f; ON 134 S 2 f ).
[10] Mit dem wesentlichen Inhalt der Aussagen des Angeklagten M* K* setzte sich das Erstgericht auseinander (US 9 ff). Wenn sich die Mängelrüge auf aus dem Zusammenhang gelöst zitierte Passagen beruft, zeigt sie keine Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) auf, sondern geht vielmehr daran vorbei, dass die Tatrichter schon mit Blick auf das Gebot zu wenngleich bestimmter, so doch gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht verpflichtet waren, den vollständigen Inhalt der Aussagen des Genannten im Einzelnen zu erörtern (RIS Justiz RS0106642, RS0106295).
[11] Ebenso wenig haben die Tatrichter die Auswertungen des Wettverhaltens von E* K* und * H* (ON 141 f) übergangen, sondern ausdrücklich als deren Behauptung, einander erst im Jahr 2019 kennengelernt zu haben, entgegenstehend bewertet (US 10). Davon, dass sich aus der angesprochenen kriminalpolizeilichen Analyse gleichzeitige (registrierte) Wettbüroaufenthalte erst ab März 2018 ergeben, ist der Schöffensenat ohnehin ausgegangen (US 10); er hat daraus bloß nicht die vom Beschwerdeführer gewünschten Schlüsse in Bezug auf den Tatzeitraum und die tatverfangenen Suchtgiftmengen gezogen (RIS Justiz RS0099455).
[12] Unberechtigt ist auch die K ritik an den erstgerichtlichen Annahmen zur Aufteilung des von * H* an M* K* und E* K* übergebenen Suchtgifts unter diesen. Abgesehen davon, dass der behauptete Widerspruch (Z 5 dritter Fall) keine entscheidende Tatsache be rührt , liegt ein solcher nicht vor, weil das Erstgericht von an M* K* und E* K* insgesamt übergebenen 940 Gramm Kokain ausging, jedoch zur exakten Aufteilung unter den Genannten keine Feststellungen zu treffen vermochte (US 7, 10 f). Dementsprechend ging der Senat auch mit Blick auf das von M* K* und E* K* weitergegebene Suchtgift (US 8) davon aus, dass diese ihrerseits zumindest 300 Gramm Kokain bzw 470 Gramm Kokain von * H* erhalten hatten – obgleich Letzterem das Überlassen von insgesamt 940 Gramm Kokain an die Genannten zur Last gelegt wurde (US 7).
[13] In diesem Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde daher – im Einklang mit der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
[14] Im Recht ist allerdings, worauf bereits die Generalprokuratur hinweist, die Subsumtionsrüge (Z 10), die das Fehlen von Feststellungen zur subjektiven Tatseite in Bezug auf das Überlassen von Suchtgift in einer (auch) das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge übersteigenden Menge (zu I./3./ und III./) aufzeigt. Die Tatrichter konstatierten in Ansehung des Beschwerdeführers nämlich, dieser habe „hinsichtlich der Weitergabe der Suchtgifte das Überschreiten des Fünfzehnfachen der Grenzmenge“ ernstlich für möglich gehalten und dies auch „zumindest billigend in Kauf“ genommen (US 8).
[15] Nachdem an andere n Stellen des Urteils aber („zumindest“) von einem Vorsatz auf Überschreitung von „Grenzmengen“ (US 12) und von Additionsvorsatz in Bezug auf die Gesamtmenge des zu I./3./ und III./ überlassenen Suchtgifts die Rede ist (US 13), ist dem Obersten Gerichtshof mangels eindeutiger Feststellungen in Richtung § 28a Abs 2 Z 3 SMG (oder § 28a Abs 4 Z 3 SMG) diesbezüglich auch nicht möglich, zu I./3./ und III./ bereits selbst in der Sache zu erkennen (vgl auch RIS Justiz RS0133376) .
[16] Im Hinblick auf den engen sachlichen und beweismäßigen Zusammenhang des Sachverhaltskomplexes zu I./3./ mit jenem zu I./2./ (vgl US 9 f) hinsichtlich der von H* an E* K* überlassenen Menge an Kokain und des Reinheitsgrades dieses Suchtgifts, aber auch im Hinblick auf die nach dem Urteilssachverhalt zu I./3./ und III./ gegebene tatbestandliche Handlungseinheit erschien es dem Obersten Gerichtshof auch bei diesem Angeklagten tunlich, den Schuldspruch zu I./3./ und III./ (zur Gänze) aufzuheben (§ 289 StPO).
[17] In weitgehender Übereinstimmung mit der Generalprokuratur war somit das Urteil hinsichtlich des Angeklagten * H* ebenso wie der diesen Angeklagten betreffende Beschluss gemäß § 494 StPO ber eits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort aufzuheben (§ 285e StPO).
Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:
[18] Gegen die Nichtannahme der Qualifikation nach § 28a Abs 2 Z 2 SMG richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und (der Sache nach Z 10, nominell) 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft.
[19] Gründet das Gericht einen Freispruch oder (wie hier) die Nichtannahme einer Qualifikation auf die Annahme, dass mehrere Tatbestandsmerkmale nicht erfüllt sind, und trifft es zu diesen hinreichende (negative) Feststellungen, ist es unter dem Aspekt erfolgreicher Urteilsanfechtung erforderlich, alle die Tatbestandsverwirklichung ausschließenden (negativen) Konstatierungen deutlich und bestimmt als mangelhaft begründet (Z 5) oder unter Geltendmachung darauf bezogener Anträge aus Z 4 zu bekämpfen (RIS Justiz RS0127315 [T4]).
[20] D as Schöffengericht gründete die Schuldsprüche (ohne Annahme der in Rede stehenden Qualifikation) darauf, dass „eine Verbindung dahingehend, dass sich die drei Angeklagten zusammengeschlossen hätten, um gemeinsam wiederholend die Tathandlungen zu begehen“, nicht festgestellt werden konnte (US 9). Solcherart verneinten die Tatrichter nicht nur das Vorliegen eines Zusammenschlusses im Sinne der Legaldefinition des Abs 2 des § 278 StGB in objektiver Hinsicht, sondern trafen bei verständiger Lesart (arg: „… um … zu begehen, …“) – zudem im Kontext mit weiteren Konstatierungen zu zur subjektiven Tatseite genannten Sachverhaltsannahmen (US 8 f) – auch eine Negativfeststellung zur subjektiven Tatseite betreffend die Begehung als Mitglied einer kriminellen Vereinigung.
[21] Die Mängelrüge (Z 5 zweiter, dritter und vierter Fall) kritisiert lediglich die Begründung der Negativfeststellung zur objektiven Tatseite (vgl die darauf aufbauende Argumentation der Rechtsrüge) als unvollständig, widersprüchlich und offenbar unzureichend, die Negativfeststellung zu einem auf Begehung als Mitglied einer kriminellen Vereinigung gerichteten Vorsatz der Angeklagten wird von der Beschwerde jedoch nicht deutlich und bestimmt beanstandet.
[22] Die nicht erfolgreich bekämpfte Negativfeststellung zur subjektiven Tatseite steht der von der Staatsanwaltschaft angestrebten Subsumtion und somit einer erfolgreichen Urteilsanfechtung entgegen. Damit erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen aus Z 5 (vgl RIS Justiz RS0127315 [T3]) und geht auch die einen Feststellungsmangel zur subjektiven Tatseite reklamierende Rechtsrüge (nominell Z 9 lit a) ins Leere.
[23] Bleibt im Übrigen anzumerken: Da ein Vorgehen außerhalb der kriminellen Vereinigung nicht zur Anwendung der Qualifikation führt (in der Anklage noch berücksichtigt [vgl ON 105 S 2 f: „als Alleintäter“, „teilweise in Form des Abs 2 Z 2 SMG“] – im Rechtsmittel jedoch vernachlässigt), m üsste der Vorsatz des Täters sich nicht nur auf das Bestehen einer solchen Vereinigung, sondern auch auf das Handeln als deren Mitglied – mit der Intention, die Vereinigung durch sein Handeln zu unterstützen – beziehen (jüngst 13 Os 85/21f; Schwaighofer in WK 2 SMG § 27 Rz 82 und § 28a Rz 33).
[24] Die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft war daher – in Übereinstimmung mit der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
Zur amtswegigen Maßnahme:
[25] Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerden überzeugte sich der Oberste Gerichtshof – abermals in Übereinstimmung mit der Generalprokuratur – davon (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO), dass dem Urteil im M* K* betreffenden Strafausspruch von Amts wegen wahrzunehmende Nichtigkeit gemäß § 281 Abs 1 Z 11 StPO anhaftet:
[26] Das Erstgericht ist (zum Nachteil dieses Angeklagten) von einem falschen Strafrahmen, nämlich einer Strafdrohung nach „§ 28a Abs 3 SMG … von einem bis zu fünf Jahren“ Freiheitsstrafe (US 13) anstatt von eine r solchen bis zu drei Jahren (§ 28a Abs 3 erster Fall SMG) ausgegangen und hat dadurch seine Strafbefugnis überschritten. Diese Überschreitung der Strafbefugnis bewirkt – unabhängig davon, ob die konkret verhängte Strafe (wie hier) innerhalb des zulässigen Strafrahmens liegt – Nichtigkeit aus § 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO (RIS Justiz RS0099852, RS0099762). Daraus folgt die Aufhebung (auch) des den Angeklagten M* K* betreffenden Strafausspruchs bereits bei der nichtöffentlichen Beratung (§ 285e StPO; siehe auch RIS Justiz RS0120606; Ratz , WK StPO § 285i Rz 4 f).
[27] Mit ihren Berufungen waren d er Angeklagte E* K* ebenso wie die Staatsanwaltschaft auf die Aufhebung der Strafaussprüche zu verweisen.
[28] Die Kostenersatzpflicht, welche nicht die durch d ie erfolglose Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens umfasst, beruht auf § 390a Abs 1 StPO. Ebensowenig kann die amtswegige Maßnahme eine Kostenersatzpflicht begründen ( Lendl , WK StPO § 390a Rz 12).