11Os115/21b – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 8. Februar 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart des Rechtspraktikanten Mag. Jäger, BA, als Schriftführer in der Strafsache gegen * R* wegen des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 26. Mai 2021, GZ 33 Hv 79/20g 50, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die verbleibende Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen unangefochten in Rechtskraft erwachsenen Freispruch von einem gleichartigen Vorwurf und dem einer Veruntreuung enthält, wurde * R* des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB schuldig erkannt.
[2] Danach hat er am 13. Jänner 2018 in W* mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Dr. * S* durch Täuschung über Tatsachen, nämlich sein Unternehmen Ro* Group verkaufe ein sicheres und erfolgreiches Investment, bei welchem Bitcoins von Ro* in RTX-Tokens umgewandelt bzw die getätigten Investitionen bei Abruf jederzeit zurückerstattet werden, zum „Erwerb“ von zehn Bitcoins (US 6: Übertragung auf bestimmte Wallets) zum damaligen Gegenwert von 117.738,65 Euro, verleitet.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und „9“ StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
[4] Insoweit die Mängelrüge eine Passage des Urteils, wonach „auf schriftlichen Unterlagen … zwar ganz allgemein schon erwähnt [worden sei], dass bei ICOs den hohen Verdienstmöglichkeiten auch hohe Risiken entgegenstünden, doch [sei] es in diesem Schriftstück konkret eher um ein Investment in ICO-Fonds“ (US 5) gegangen, als undeutlich kritisiert, übergeht sie, dass den weiteren Konstatierungen zufolge der zunächst noch an der Sicherheit des Investments zweifelnde spätere Geschädigte bei persönlichen Treffen und Telefonaten mit dem Angeklagten insoweit überzeugt wurde, als von R* eine Kapitalrückzahlungszusage erfolgte (US 6). Soweit die Rüge mehrfach darauf verweist, der Angeklagte habe „zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens stringent und nachvollziehbar [angegeben], dass er das Produkt zu keinem Zeitpunkt als sicheres Produkt angepriesen“ hätte, bekämpft sie lediglich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren gesetzlich nicht vorgesehenen Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld die Beweiswürdigung der Tatrichter.
[5] Das weitere Vorbringen einer unzureichenden Begründung der subjektiven Tatseite verbunden mit dem Vorwurf, es bliebe „im Dunkeln“, was das Erstgericht mit dem Verweis auf die unglaubwürdige Verantwortung des Angeklagten gemeint haben könnte, wobei es überdies die vorgelegten Bescheinigungen über die Verwendung des Geldes nicht berücksichtigt hätte, übergeht die ausführlichen Erwägungen des Erstgerichts zu diesen Punkten zur Gänze (US 12 ff, US 17 f, US 33) und verfehlt demnach die prozessordnungsgemäße Ausführung (RIS Justiz RS0119370, RS0099455). Entgegen der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) ist die Ableitung der subjektiven Tatseite aus dem äußeren Tatgeschehen unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit im Übrigen nicht zu beanstanden (RIS Justiz RS0116882).
[6] Soweit die Tatsachenrüge (Z 5a) erneut die subjektive Tatseite und die Verantwortung des Angeklagten thematisiert, einen Vergleich mit dem durch Freispruch erledigten weiteren Vorwurf zieht sowie darauf verweist, dass dem Geschädigten die Risikoträchtigkeit bewusst gewesen wäre (dazu US 11), orientiert sie sich nicht an der Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiserwägungen (US 8 bis 32) und geht daher schon im Ansatz fehl (RIS Justiz RS0117961, RS0118780 [T1]; Ratz , WK StPO § 281 Rz 487).
[7] Die gesetzmäßige Ausführung eines materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei der Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzung (RIS Justiz RS0099810).
[8] Dies missachtet die Rechtsrüge (Z 9 lit a), indem sie bloß „die vorangegangenen Ausführungen [zu Z 5 und 5a] ausdrücklich auch als Nichtigkeitsgrund im Sinn des § 281 Abs 1 Z 9 geltend gemacht“ sehen will, weswegen sie sich einer inhaltlichen Erwiderung entzieht.
[9] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher ebenso wie die (angemeldete; ON 49 S 22) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld (§§ 283 Abs 1, 294 Abs 4, 296 Abs 2 StPO; RIS Justiz RS0100080) bereits bei nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die verbleibende Berufung folgt (§ 285i StPO).
[10] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.