9ObA146/21t – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als Vorsitzende, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Ziegelbauer und Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Rolf Gleißner (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Wolfgang Jelinek (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei I* Gesellschaft mbH, *, vertreten durch Dr. Peter Krömer, Rechtsanwalt in St. Pölten, gegen die beklagte Partei Mag. A* O*, vertreten durch Mag. Alfred Schneider, Rechtsanwalt in Lilienfeld, wegen 746.564 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. Oktober 2021, GZ 7 Ra 63/21t 39, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens infolge angeblicher Nichterledigung der Tatsachenrüge bzw Erledigung mit einer Scheinbegründung (§ 503 Z 2 ZPO) wurde vom Obersten Gerichtshof geprüft und ist zu verneinen (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).
[2] 2.1. Die Klägerin stützt in ihrer außerordentlichen Revision die schadenersatzrechtliche Haftung des bei ihr als leitender Angestellter mit Einzelprokura beschäftigt gewesenen Beklagten ausschließlich auf dessen Verletzung seiner ihn treffenden internen Berichts- und Informationspflichten gegenüber sämtlichen Gesellschaftern der Klägerin, die sie alleine aus der Erteilung der Prokura ableitet. Damit zeigt sie aber ausgehend von den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO auf. Auch die Verhaltenspflichten eines mit Prokura (§ 48 UGB) ausgestatteten Dienstnehmers ergeben sich nämlich aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis, also etwa dem Dienstvertrag, dem Werkvertrag oder dem Auftragsvertrag ( Warto in Straube/Ratka/Rauter , UGB I 4 § 48 Rz 6; Schopper/Trenker in U. Torggler , UGB³ § 48 Rz 1). Die Bestimmungen über die Prokura nach §§ 48 ff UGB zeigen hingegen keine Handlungspflichten eines Prokuristen aus.
[3] 2.2. Die klagsabweisende Entscheidung des Berufungsgerichts steht mit diesen Überlegungen in Einklang. Nach dem festgestellten Sachverhalt hatte der Beklagte während seiner Zeit als Prokurist (nur) Berichtspflichten gegenüber dem damaligen Geschäftsführer der Klägerin, * R*, welchen er in etwa 14-tägigen Intervallen im Rahmen persönlicher Gespräche nachkam, und gegenüber dem Vertreter der Hauptgesellschafterin * H*, dem er im Rahmen der alle drei Monate stattgefundenen Gesellschafterversammlungen berichtete. Wenn der Beklagte dem Vertreter der Hauptgesellschafterin * H* ab dem Zeitpunkt dessen Erklärung, der Beklagte solle machen was er wolle und müsse, er wolle im Detail nichts wissen und solle ihn aus dem Spiel lassen, nur mehr eingeschränkt, und zwar beschränkt auf den „offiziellen Teil“ berichtete, dann kann dies dem Beklagten nicht zum Vorwurf gemacht werden.
[4] 3. Das Berufungsgericht stützte seine klagsabweisende Entscheidung auch darauf, dass aufgrund der zwischen den Parteien am 11. 12. 2017 abgeschlossenen Vereinbarung ohnehin eine endgültige vergleichsweise Bereinigung sämtlicher wechselseitiger, bekannter und unbekannter Forderungen aus den verfahrensgegenständlichen Tätigkeiten der Klägerin und des Beklagten in Kuwait erfolgt sei. Die Revision hält dem lediglich entgegen, dass der abgeschlossene Vergleich aufgrund des rechtswidrigen Handelns des Beklagten und mangels diesbezüglicher Kenntnis des Geschäftsführers * H* sittenwidrig sei und die Voraussetzungen für die Anfechtung des Vergleichs aus dem Titel Irrtum und Arglist daher gegeben seien. Auch mit dieser bloß formelhaften Rüge einer unrichtigen Lösung dieser aber selbständig tragfähigen Hilfsbegründung vermag die Revisionswerberin keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen (RS0118709; RS0043654 [T14, T15]).
[5] Mangels Geltendmachung einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision der Klägerin zurückzuweisen.