2Ob201/21d – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende, den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé sowie die Hofräte Dr. Nowotny und MMag. Sloboda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C*, vertreten durch Mag. Egon Stöger, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagten Parteien 1. W*, und 2. M*, beide vertreten durch Dr. Harald Schwendinger und Dr. Brigitte Piber, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen 14.816,46 EUR sA, Rente (Streitwert: 15.305,50 EUR) und Feststellung (Streitwert: 2.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 8. Oktober 2021, GZ 1 R 136/21g 22, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
[1] Die Klägerin erhebt nach einem Sturz auf dem um 6:00 Uhr morgens im Sturzbereich noch nicht geräumten Areal eines Supermarkts Schadenersatzansprüche. Sie wirft den mit dem Winterdienst beauftragten Beklagten eine Verletzung von deren (vertraglichen) Verpflichtungen vor.
[2] Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
[3] Die außerordentliche Revision der Klägerin zeigt das Vorliegen erheblicher Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht auf:
[4] 1. Fragen der Vertragsauslegung kommt im Regelfall keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (RS0042936 ua). Das Berufungsgericht hat den ihm zukommenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten, wenn es davon ausging, dass den Beklagten kein vertragswidriges Verhalten vorgeworfen werden kann. Zu bedenken ist nämlich, dass sich der Sturz der Klägerin deutlich vor Beginn des für die Erbringung der Winterdienstleistungen vertraglich vereinbarten Zeitraums ereignete und die Beklagten überdies keine Vorgabe zur Reihenfolge der Räumung einzelner Bereiche des Parkplatzes hatten.
2. Ob überschießende Feststellungen in den Rahmen des geltend gemachten Rechtsgrundes oder der Einwendungen fallen und daher zu berücksichtigen sind, ist – abgesehen von Fällen krasser Fehlbeurteilung durch die zweite Instanz – eine nicht revisible Frage des Einzelfalls (RS0037972 [T15, T16]). Eine solche Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts liegt hier nicht vor, weil die Beklagten ausdrücklich vorbrachten, dass die Zweitbeklagte ihre (näher dargestellten) vertraglichen Verpflichtungen auf den Erstbeklagten überbunden habe.
[5] 3. Ob Untüchtigkeit iSd § 1315 ABGB anzunehmen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (4 Ob 4/15i mwN). Eine Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts liegt auch in diesem Punkt nicht vor, lassen sich doch den Feststellungen keine Anhaltspunkte für eine solche Untüchtigkeit des Erstbeklagten entnehmen.