JudikaturOGH

15Os144/21x – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. Januar 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. Jänner 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs, Dr. Michel Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in der Strafsache gegen * K* wegen des Verbrechens der terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs 2 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 4. Oktober 2021, GZ 161 Hv 33/21k 122, nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 62 Abs 1 zweiter Satz OGH Geo 2019) den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * K* des Verbrechens der terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs 2 StGB (I./) und des Ver brechens der kriminellen Organisation nach § 278a StGB (II./) schuldig erkannt.

Danach hat er

I./ sich in * als Mitglied (§ 278 Abs 3 StGB) an einer terroristischen Vereinigung (§ 278b Abs 3 StGB) in dem Wissen beteiligt, dadurch die Vereinigung und deren strafbare Handlungen zu fördern, nämlich an der in der UN Sanktionsliste aufscheinenden Terrororganisation „IS – Islamic State“, die aus der seit zumindest 2004 bestehenden Terrororganisation Al Qaida im Irak hervorging und als ein auf längere Zeit angelegter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen darauf ausgerichtet ist, dass von einem oder mehreren Mitgliedern dieser Vereinigung laufend eine oder mehrere terroristische Straftaten (§ 278c StGB) ausgeführt werden oder Terrorismusfinanzierung (§ 278d StGB) betrieben wird, indem er IS Propagandamaterial im Wege der Social Media Plattform WhatsApp verbreitete und anderen elektronisch übermittelte,

nämlich am 1. Juni 2015 an eine Gruppe mit insgesamt 24 Mitgliedern, indem er ihnen ein Bild mit Fahnen der nicht anerkannten Republik Itschkerien übermittelte, wobei auf den Fahnen das Symbol der Terrororganisation „IS – Islamic State“ abgebildet war,

II./ sich durch die zu I./ näher bezeichnete Handlung in dem Wissen, dadurch die Organisation und deren strafbare Handlungen zu fördern, als Mitglied (§ 278 Abs 3 StGB) an einer auf längere Zeit angelegten unternehmensähnlichen Verbindung einer größeren Zahl von Personen, nämlich an der mehrere tausend Mitglieder aufweisenden, international agierenden terroristischen Vereinigung „IS – Islamic State“, beteiligt,

a) die, wenn auch nicht ausschließlich, auf die wiederkehrende und geplante Begehung schwerwiegender strafbarer Handlungen, die das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die Freiheit oder das Vermögen bedrohen, sowie schwerwiegender strafbarer Handlungen im Bereich des unerlaubten Verkehrs mit Kampfmitteln, der sexuellen Ausbeutung von Menschen, der Schlepperei oder des unerlaubten Verkehrs unter anderem mit Kampfmitteln, insbesondere im tatsächlichen kriegerischen Einsatz erlangter Waffen, ausgerichtet ist, indem sie seit Sommer 2011 durch ihre Kräfte unter Anwendung besonderer Grausamkeit durch terroristische Straftaten nach § 278c Abs 1 StGB die Zerstörung des syrischen und irakischen Staats betreibt, in den eroberten Gebieten in Syrien und im Irak die sich nicht ihren Zielen unterordnende Zivilbevölkerung tötet und vertreibt, sich deren Vermögen aneignet, durch Geiselnahme große Geldsummen erpresst, die vorgefundenen Kunstschätze veräußert und Bodenschätze, insbesondere Erdöl und Phosphat, zu ihrer Bereicherung ausbeutet sowie weltweit, insbesondere in den letzten Jahren auch in Europa, terroristische Anschläge auf Andersgläubige verübt,

b) die durch all diese Straftaten eine Bereicherung in großem Umfang durch Erzielung von Einnahmen sowie durch Ausstattung mit Waffen und Kampfmitteln anstrebt,

c) und die andere, insbesondere politische Verantwortungsträger und alle sonstigen ideologischen Gegner korrumpiert und durch angedrohte und ausgeführte Terroranschläge, insbesondere in Syrien und im Irak, aber auch in Europa, einschüchtert und sich auf besondere Weise, nämlich durch Geheimhaltung ihres Aufbaus, ihrer Finanzstruktur, der personellen Zusammensetzung der Organisation und der internen Kommunikation gegen Strafverfolgungsmaßnahmen abschirmt.

Rechtliche Beurteilung

[2] Dagegen richtet sich die auf Z 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.

[3] Zur objektiven Tatseite stellten die Tatrichter fest, der Angeklagte habe am 1. Juni 2015 an eine WhatsApp Gruppe mit insgesamt 24 Mitgliedern ein Bild versendet, auf dem Fahnen der international nicht anerkannten Tschetschenischen Republik Itschkerien zu sehen waren. In der Mitte des Fahnentuchs sei jeweils das sogenannte „Siegel des Propheten“ in weißer Schrift auf schwarzem Grund einkopiert gewesen, das nicht zur Itschkerischen Flagge gehört und nur von radikal-dschihadistischen, terroristischen Gruppen verwendet wird (US 13).

[4] Beweiswürdigend führten sie dazu aus, dass das „Siegel des Propheten“ in der auf dem Bild verwendeten Farbgebung, „nämlich mit weißer Schrift auf schwarzem Grund (siehe dazu das zwar etwas unscharfe, zur Beurteilung der Farbgebung [weiße Schrift auf schwarzem Grund oder schwarze Schrift auf weißem Grund] ausreichend deutliche Lichtbild ON 47 S 133 unten)“ ab den Jahren 2012/2013 ausschließlich vom IS bzw dessen Vorgängerorganisationen verwendet werde (US 16).

[5] Die Mängelrüge (Z 5 fünfter Fall) macht eine Aktenwidrigkeit geltend, weil die Ausführungen der Tatrichter „zur Farbgebung des versendeten Bildes falsch“ seien. Es sei eindeutig zu erkennen, dass es sich „links um einen Schriftzug samt rundlicher Form in roter Farbe auf weißem Hintergrund handelt und rechts um einen Schriftzug samt rundlicher Form in schwarzer Farbe auf grünem Hintergrund“.

[6] Indem die Rüge aber nicht an den Ausführungen der Tatrichter festhält, die die Farbe der Schrift und des Hintergrundes der Umzeichnung (das „Siegel des Propheten“) beschrieben haben, sondern sich auf die Farbe des Fahnentuchs („Hintergrund“) bezieh t , gibt sie selbst die Angaben der Entscheidungsgründe nicht richtig wieder; der Vorwurf der Aktenwidrigkeit kehrt sich so gegen den Beschwerdeführer selbst (vgl Ratz , WK StPO § 281 Rz 467).

[7] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung ergibt (§ 285i StPO).

[8] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Rückverweise