3Ob179/21a – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P*, vertreten durch Dr. Schartner Rechtsanwalt GmbH in Altenmarkt im Pongau, gegen die beklagten Parteien 1. M*, 2. M*, beide vertreten durch Mag. Siegfried Berger, Mag. Harald Brandstätter, Rechtsanwälte in St. Johann im Pongau, wegen Unterlassung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 28. Juli 2021, GZ 53 R 135/21s 23, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts St. Johann im Pongau vom 5. Mai 2021, GZ 5 C 308/20g 19, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 688,92 EUR (darin 114,82 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
[1] Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 Satz 4 ZPO).
Rechtliche Beurteilung
[2] 1. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil „die Frage des Gemeingebrauchs am Kirchenvorplatz“ und „die Frage einer Entwidmung von öffentlichem Gut ins Privatvermögen“ über den Anlassfall hinaus bedeutsam seien. Diese Rechtsfragen sind allerdings nicht klärungsbedürftig:
[3] Fest steht, dass die Beklagten (und ihre Rechtsvorgänger) seit Jahrzehnten einen am Kirchengebäude entlang und dabei auch über den Kirchenvorplatz führenden asphaltierten Weg als Zufahrt zu ihren drei Grundstücken nutzen, die an das Grundstück der Klägerin angrenzen. Seit 1998 gilt für diesen Weg eine Einbahnregelung. Das Erstgericht ging davon aus, dass die Beklagten ein Fahrtrecht ersessen hätten, übersah allerdings, dass die Klägerin selbst zugestanden hatte, dass der Weg vor der Beschilderung seit Jahrzehnten uneingeschränkt auch von Dritten befahren wurde. Das Berufungsgericht nahm infolge dieses Zugeständnisses der Klägerin eine stillschweigende Widmung der Verkehrsfläche zum Gemeingebrauch an und wies aus diesem Grund das von der Klägerin gegen die Beklagten erhobene Begehren auf Unterlassung des Befahrens mit Fahrzeugen aller Art ab. Da die Klägerin die seinerzeit eröffnete Nutzung des strittiges Wegs zugestanden hat und von einer „Entwidmung“ dieses Wegs im erstinstanzlichen Verfahren nie die Rede war, stellen sich die in der Zulassungsbegründung genannten Rechtsfragen nicht.
[4] 2. Die Klägerin behauptet, durch die Beschilderung („Fahrverbot“) scheide ein Gemeingebrauch aus, weil damit nicht mehr „jeder unter den gleichen Bedingungen eine Nutzung vornehmen“ könne. Diese Ansicht ist zunächst schon deshalb unzutreffend, weil kein Fahrverbot, sondern nur ein Einfahrtsverbot von einer Seite besteht und damit lediglich ein Einbahnsystem, also bloß eine zulässige Fahrtrichtung festgelegt wird, sich daraus aber keine Einschränkung der Nutzung des Wegs als Zufahrt ergibt. Überdies steht fest, dass unter dem Schild „Einfahrt verboten“ eine Zusatztafel den Anrainern – zu denen die Beklagten unzweifelhaft zählen – das Befahren auch in die Gegenrichtung erlaubt.
[5] 3. Dass sich – wie die Klägerin in der Revision erstmals behauptet – durch „Umbaumaßnahmen“ im Bereich des Kirchenvorplatzes eine „Änderung der Verkehrssituation“ ergeben habe, ist eine unzulässige Neuerung (vgl RS0042025 ua) und daher im Revisionsverfahren unbeachtlich.
[6] 4. Die Behauptung der Klägerin, der Kirchenvorplatz sei „weder als Straße noch als Weg zu qualifizieren“ und ein Gemeingebrauch daran komme einer „Enteignung“ gleich, vermag ebenfalls keine aufzugreifende Fehlbeurteilung aufzuzeigen: Unstrittig nutzten und nutzen neben den Beklagten auch andere Personen die fragliche Verkehrsfläche seit Jahrzehnten, inzwischen mit der erwähnten Einbahnregelung, aber ohne sonstige Einschränkung als Zufahrt oder Verbindungsweg im Rahmen des öffentlichen Verkehrs. Der gegenteilige Rechtsstandpunkt der Klägerin, geht insoweit nicht vom maßgeblichen Sachverhalt aus. Allein aus dem Umstand, dass der Weg entlang der Kirche – wie offenbar ebenfalls schon immer – in einem Abschnitt über den Kirchenvorplatz führt, lässt sich ein Unterlassungsanspruch zumal gerade gegen die Beklagten nicht begründen.
[7] 5. Die Entscheidung des Berufungsgerichts, nach der die Klägerin keine taugliche Anspruchsgrundlage für die begehrte Unterlassung des Befahrens des Verbindungswegs durch die Beklagten geltend machte, ist daher nicht zu beanstanden und eine erhebliche Rechtsfrage wird in diesem Zusammenhang nicht aufgeworfen.
[8] 6. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagten haben in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen (RS0035979 [T16]).