JudikaturOGH

11Os148/21f – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. Dezember 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Dezember 2021 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Frank als Schriftführerin in der Strafsache gegen * H* wegen der Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 28. Juni 2021, GZ 22 Hv 26/21w 18, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * H* der Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er an drei nicht näher bestimmbaren Tagen vermutlich im Jahr 2017 in L* außer dem Fall des § 206 StGB jeweils eine geschlechtliche Handlung an einer unmündigen Person vorgenommen, indem er seine Hand auf die nackte Scheide der am * 2007 geborenen * S* legte und minutenlang mit Streichelbewegungen bis zur Innenseite ihrer Oberschenkel hin- und herbewegte.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, „5 iVm 5a“ und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

[4] Der Verfahrensrüge zuwider wurden durch die Abweisung des in der Hauptverhandlung gestellten Antrags (ON 17 S 23) „auf Einholung eines Glaubwürdigkeitsgutachtens eines psychiatrischen Sachverständigen, vorzugsweise aus dem Fach der Kinderpsychiatrie oder vorzugsweise durch Er[Be]stellung einer [namentlich genannten] Gerichtspsychiaterin zum Beweis dafür, dass belastende Aussagen der * S* gegenständlich unglaubwürdig sind“ Verteidigungsrechte nicht geschmälert.

[5] Denn zum einen hat der Antragsteller nicht dargelegt, dass das Tatopfer sowie dessen gesetzliche Vertreter die notwendige Zustimmung zu einer Untersuchung erteilt hätten oder eine solche erteilen würden (RIS-Justiz RS0097584, RS0108614 [T3]; Ratz , WK-StPO § 281 Rz 350). Zum anderen handelt es sich bei der Prüfung der Glaubwürdigkeit der Angaben einer Zeugin um eine Frage der richterlichen Beweiswürdigung, die in der Regel der Hilfestellung durch einen Sachverständigenbeweis nicht bedarf. Ein aussagepsychologisches Gutachten ist nur dann geboten, wenn durch Beweisergebnisse aktenmäßig belegte Ansatzpunkte für eine nicht realitätsorientierte Aussage, etwa für eine Beeinflussung des Aussageverhaltens von unmündigen oder psychisch kranken Personen vorliegen (RIS Justiz RS0097733, RS0097576). Solch qualifizierte Anhaltspunkte werden aber mit der bloßen Behauptung von „Ungereimtheiten und Widersprüchen“ in den Aussagen der Zeugin sowie deren „selbstverletzendes Verhalten“ nicht dargelegt.

[6] Die in der Beschwerde nachgetragenen Gründe sind angesichts des sich aus der Zielrichtung dieses Nichtigkeitsgrundes ergebenden Neuerungsverbots unbeachtlich (RIS-Justiz RS0099618).

[7] Die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 StPO sind voneinander wesensmäßig verschieden und daher gesondert auszuführen, wobei unter Beibehaltung dieser klaren Trennung deutlich und bestimmt jene Punkte zu bezeichnen sind, durch die sich der Nichtigkeitswerber für beschwert erachtet (RIS Justiz RS0115902). Undifferenzierte Ausführungen entsprechen demnach nur insoweit der gesetzlichen Vorschrift einzelner und bestimmter Bezeichnung (§ 285 Abs 1 StPO) und eignen sich damit für eine sachliche Prüfung, als sie inhaltlich dem einen oder anderen Nichtigkeitsgrund zugeordnet werden können (RIS Justiz RS0099108). Unklarheiten, die durch diese Art der Rechtsmittelausführung bedingt sind, gehen zu Lasten des Rechtsmittelwerbers (RIS-Justiz RS0100183).

[8] Die nicht an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe orientierten (RIS Justiz RS0119370) Ausführungen zu § 281 Abs 1 „Z 5 5. Fall iVm Z 5a“ erschöpfen sich darin, die vom Erstgericht der Zeugin attestierte Aussagetüchtigkeit und das objektive Geschehen als „aktenwidrig“ anzuzweifeln, indem auf „eine bestehende psychische Belastung“ des Opfers und darauf verwiesen wird, dass es „sich ritzt“, ohne ein Begründungsdefizit auch nur im Ansatz aufzuzeigen oder erhebliche Bedenken darzutun.

[9] Die Rechtsrüge hält mit der Behauptung, es habe sich „eigentlich“ um ein Streicheln der Oberschenkel mit „flüchtigem“ Berühren der Scheide gehandelt, nicht an den Konstatierungen des Erstgerichts (US 3) fest und verfehlt demgemäß ebenso die prozessordnungsgemäße Darstellung (RIS-Justiz RS0099810).

[10] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen.

[11] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Rückverweise