JudikaturOGH

11Os138/21k – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. Dezember 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Dezember 2021 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Frank als Schriftführerin in der Strafsache gegen * Y* und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 84 Abs 4 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Y* und * Yi* gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 28. Juni 2021, GZ 6 Hv 38/21v-129, weiters über die Beschwerden der Angeklagten gegen Beschlüsse nach § 494 Abs 1 StPO, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Den Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil, das auch unbekämpft in Rechtskraft erwachsene Schuldsprüche weiterer Angeklagter enthält, wurde Y* „des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 84 Abs 4 StGB“ ( undifferenziert US 3 ), des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (2./b./) und d es Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (3./), Yi* der Verbrechen der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 84 Abs 4 StGB (1./b./, c./) schuldig erkannt.

[2] Danach haben am 27. Februar 2021 in G* – soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde relevant verkürzt wiedergegeben –

1./ einem anderen eine schwere Körperverletzung zuzufügen versucht, und zwar:

a./ Y* alleine * G*, indem er Anlauf nahm, hochsprang und gegen dessen Körper trat, wodurch dieser zu Boden fiel und kurz sein Bewusstsein verlor, was Prellungen am Kopf und im Gesichtsbereich sowie an der linken Hüfte zur Folge hatte;

b./ Yi* dem G*, indem er diesen ins Wasser stieß, sich auf ihn setzte, ihn mit seinen Beinen im Wasser kniend fixierte, und wiederholt auf G* einschlug und eintrat, was Prellungen und Rötungen sowie Hämatome am Kopf und im Gesichtsbereich sowie an der linken Hüfte zur Folge hatte;

c./ Y* und Yi* im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter mit C* E* und T* E* den * R*, indem sie zu viert wiederholt gegen dessen Kopf und Körper einschlugen und eintraten bzw. dies versuchten, wobei einer der Angreifer versuchte, die Hände des R*, welche er sich schützend vor seinen Kopf gehalten hatte, zu öffnen, damit die übrigen Angreifer den Kopf mit Schlägen und Tritten besser treffen können, was einen teilweise abgebrochenen Schneidezahn oben, eine Schwellung im Bereich der Wirbelsäule, Rötungen im Bereich der rechten Hüfte, eine Schwellung sowie Rötung und Bluterguss im Bereich der rechten Gesichtshälfte zur Folge hatte;

2./ ...

3./ ...

Rechtliche Beurteilung

[3] Gegen dieses Urteil richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, Z 5a, Z 9 lit a und Z 10 StPO gestützte, gemeinschaftlich ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Y* und Yi*.

[4] Die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 StPO sind voneinander wesensmäßig verschieden und daher gesondert auszuführen, wobei unter Beibehaltung dieser klaren Trennung deutlich und bestimmt jene Punkte zu bezeichnen sind, durch die sich der Nichtigkeitswerber für beschwert erachtet (RIS Justiz RS0115902). Undifferenzierte Ausführungen entsprechen demnach nur insoweit der gesetzlichen Vorschrift einzelner bestimmter Bezeichnung (§ 285 Abs 1 StPO) und eignen sich damit für eine sachliche Prüfung, als sie inhaltlich dem einen oder anderen Nichtigkeitsgrund zugeordnet werden können (RIS Justiz RS0099108). Unklarheiten, die durch diese Art der Rechtsmittelausführung bedingt sind, gehen zu Lasten des Rechtsmittelwerbers (RIS Justiz RS0100183).

[5] Die Ausführungen der R üge zu „§ 281 Abs 1 Ziff 5 und 5a StPO“ erschöpfen sich in der Behauptung, es sei „nicht verständlich“, dass bei den Opfern G* und R* versuchte schwere Körperverletzung angenommen worden sei, weil „tatsächlich nur leichte Körperverletzungen eingetreten sind und darüber hinaus nicht von einem Vorsatz, eine schwere Körperverletzung zuzufügen, ausgegangen werden“ könne. Dergestalt wird weder ein Begründungsdefizit behauptet noch werden erhebliche Bedenken dargetan.

[6] Insgesamt wird lediglich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren gesetzlich nicht vorgesehenen Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld die Beweiswürdigung der Tatrichter angegriffen (RIS Justiz RS0119370, RS0099455, RS0100555).

[7] Indem zu „§ 281 Abs 1 Ziff 9a StPO und Ziff. 10 StPO“ inhaltsgleich argumentiert wird, verfehlt die Beschwerde auch hier die prozessordnungsgemäße Darstellung, die das strikte Festhalten am gesamten Urteilssachverhalt ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 584) und den ausschließlich auf dessen Basis geführten Nachweis eines Rechtsirrtums erfordern würde (RIS Justiz RS0099810; Ratz , WK StPO § 281 Rz 581).

[8] D ie gemeinschaftlich ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde, die überdies kein Vorbringen des Y* zu Schuldspruch 2./b./ und 3./ enthält, war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die implizierten Beschwerden gegen (fälschlich in den Urteilsspruch integrierte) Bewährungshilfeanordnungen folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

[9] Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO ist festzuhalten, dass das Schöffengericht „ bei der Strafbemessung ebenso“ berücksichtigte, dass die Nichtigkeitswerber sowie C* E* und T* E* bereits – über die teilweise vorhandenen Vorstrafen hinaus – strafrechtlich in Erscheinung getreten sind. Damit hat es den Angeklagten gerichtlich strafbares Verhalten ohne gesetzlichen Schuldnachweis (Art 6 Abs 2 MRK) unterstellt, womit beim Ausspruch über die Strafen eine für die Strafbemessung entscheidende Tatsache offenbar unrichtig beurteilt wurde (Z 11 zweiter Fall StPO; RIS-Justiz RS0130150).

[10] Einer Wahrnehmung dieses Umstands durch den Obersten Gerichtshof bedurfte es jedoch nicht, weil die Korrektur dieser Nichtigkeit dem Oberlandesgericht im Rahmen der ihm obliegenden Entscheidung über die Berufungen – bei den Angeklagten C* E* und T* E*, die das Urteil unbekämpft ließen, über das beneficium cohaesionis nach § 295 Abs 1 letzter Satz StPO – möglich ist (vgl Ratz , WK StPO § 290 Rz 29; RIS Justiz RS0100385).

[11] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Rückverweise