11Os132/21b – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Dezember 2021 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Frank als Schriftführerin in der Strafsache gegen ***** J***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 6. Juli 2021, GZ 79 Hv 50/21s 15, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde ***** J***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
[2] Danach hat er am 27. Februar 2021 in G***** ***** H***** mit Gewalt, nämlich dadurch, dass er sie am Hinterkopf erfasste und das Gesicht zu seinem erigierten Penis drückte, zur Vornahme einer dem Beischlaf gleichzusetzenden Handlung, und zwar des Oralverkehrs bis zum Samenerguss, genötigt.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
[4] Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung der in der Hauptverhandlung gestellten Anträge (ON 14 S 12) auf Vernehmung des Polizeibeamten ***** R***** zum Beweis dafür, „dass unmittelbar nach der Tat die Wahrnehmungsfähigkeit, Handlungsfähigkeit der Zeugin herabgesetzt war, sodass sie über die Abläufe nicht korrekt berichtet“ [habe], sowie auf „Beiziehung eines Sachverständigen aus dem medizinischem Fach zum Beweis dafür, dass aufgrund der Alkoholisierung auch die Wahrnehmungs und Erinnerungsfähigkeit der Zeugin reduziert ist“, Verteidigungsrechte nicht beeinträchtigt.
[5] E ine herabgesetzte Wahrnehmungs- und Handlungsfähigkeit der ***** H***** hat das Schöffengericht ohnedies als erwiesen angesehen (ON 14 S 12, US 5 – § 55 Abs 2 Z 3 StPO; RIS-Justiz RS0099135; Ratz , WK-StPO § 281 Rz 342). Inwiefern ein medizinischer Sachverständiger die Erinnerungsfähigkeit des Opfers „aufgrund der Alkoholisierung“ verlässlich beurteilen können sollte, legte der Antragsteller nicht dar, womit das entsprechende Begehren auf bloße Erkundungsbeweisführung gerichtet war (RIS Justiz RS0118444; Ratz , WK-StPO § 281 Rz 330).
[6] Das die Anträge ergänzende Beschwerdevorbringen hat mit Blick auf das aus dem Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes resultierende Neuerungsverbot auf sich zu beruhen (RIS Justiz RS0099618).
[7] Die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) reklamiert offenbar unzureichende Begründung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite des Angeklagten (US 3). Ihr zuwider ist der von den T atrichtern gezogene Schluss vom objektiven Verhalten des Angeklagten auf sein zugrunde liegendes Wollen und Wissen (US 6) rechtsstaatlich jedoch ohne Weiteres vertretbar und bei leugnenden Angeklagten in aller Regel methodisch auch gar nicht zu ersetzen (RIS Justiz RS0116882, RS0098671; Ratz , WK-StPO § 281 Rz 452).
[8] Indem die Tatsachenrüge (Z 5a) anhand eigener Beweiswerterwägungen (und ohne Angabe von Fundstellen – RIS Justiz RS0124172) zu einzelnen Details in den Angaben der ***** H***** vorwiegend zu Begleitumständen behauptet, für den Angeklagten wäre „jedenfalls“ die fehlende Einwilligung des Opfers zum Oralverkehr nicht erkennbar gewesen, erweckt sie keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen (RIS Justiz RS0118780, RS0119583).
[9] Solcherart und mit der – unzutreffenden (US 3 f) – Behauptung, das Erstgericht habe die Aussage der ***** H***** „unmittelbar nach der inkriminierten Tat“ außer Acht gelassen, erschöpft sich die Rüge bloß in einem Angriff auf die den T atrichtern vorbehaltene Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld.
[10] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
[11] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.