1Ob212/21i – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ. Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer Zeni Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Z*, vertreten durch Mag. Helmut Hawranek, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei M*, vertreten durch Dr. Peter Semlitsch und Dr. Wolfgang Klobassa, Rechtsanwälte in Voitsberg, wegen 52.607,89 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 21. September 2021, GZ 5 R 69/21k 89, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Graz Ost vom 24. Februar 2021, GZ 220 C 200/19i, 4/17p 83, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Die Frage, ob eine Feststellung als überschießend unbeachtlich ist, hat grundsätzlich keine über den einzelnen Rechtsstreit hinausgehende Bedeutung (RIS Justiz RS0040318 [T3]; 2 Ob 135/20x). Das Berufungsgericht hat den Kläger zu diesem Vorwurf ausführlich und unter Verweis auf das diesbezügliche Vorbringen des Beklagten erklärt, warum von überschießenden Feststellungen keine Rede sein könne. Darauf geht der Kläger nicht ein. Mit der bloßen Wiederholung seiner Vorwürfe kann er eine im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung nicht aufzeigen.
[2] 2. Die Ausführung des Berufungsgerichts, dass das Kellergewölbe und das darüber liegende Erdgeschoss zumindest seit „Mitte 2014“ einsturzgefährdet gewesen seien, beruht bloß auf einem leicht als solchem erkennbaren Schreibfehler, geht das Berufungsgericht doch wenig später und noch auf der selben Seite (im Einklang mit den Feststellungen des Erstgerichts) von der Einsturzgefährdung seit „Mitte 2018“ aus.
[3] 3. Seine Behauptung, es sei „gegen den eindeutigen Wortlaut des Mietvertrages“, dass auch die Kellerräumlichkeiten mitvermietet worden seien, erklärt der Kläger nicht näher. Damit kann er gegen die schlüssige Auslegung des Mietvertrags durch das Berufungsgericht zur Vermietung des gesamten Mietgegenstands und dessen Beschreibung als „Gasthaus“ keine Bedenken wecken.
[4] 4. Z wischen den Parteien war anlässlich des Abschlusses des Mietvertrags im Jahr 2016 vereinbart worden, dass sich der Bestandzins (im Vergleich zu einem zuvor abgeschlossenen Vertrag) erhöhen, der Kläger als Bestandgeber dafür aber im Gegenzug die „ernsten Schäden“ am Bestandobjekt sowie die Abluftanlage sanieren solle. Der Bestandgeber schuldete damit (unter Einrechnung einer Zeitspanne für die Sanierung) die Zurverfügungstellung des Bestandobjekts ohne diese (tatsächlich aber nie behobenen) Mängel. Die vom Kläger als erheblich angesehene Rechtsfrage, ob bei „Kenntnis von Mängeln zum Zeitpunkt des Abschlusses eines Bestandvertrags durch eine Vereinbarung einer Mängelbehebung der Zinsminderungsanspruch gewahrt wird“ (wovon die Vorinstanzen ohne Fehlbeurteilung ausgingen), ist in der Rechtsprechung schon beantwortet. Der Oberste Gerichtshof hat bereits erläutert, dass es für die Anwendung des § 1096 Abs 1 Satz 2 ABGB darauf ankommt, ob die tatsächlich erbrachte von der „vertraglich geschuldeten“ Leistung abweicht (s nur 4 Ob 191/10g; vgl dazu, dass sich der zu gewährleistende „bedungene Gebrauch“ (primär) nach dem Zustand richtet, der der vertraglichen Vereinbarung zugrunde gelegt wurde RS0020738 [T4]; s auch RS0021054 [T6]).
[5] 5. Die Behauptung, der Beklagte hätte die Nichtbenützbarkeit selbst zu verantworten (weil er die Pumpe im Keller nicht eingeschaltet habe), ist nicht nachvollziehbar, steht doch fest, dass ein Einschalten der Pumpe (welche vom Beklagten nicht mehr eingeschaltet worden war, da er diese im nassen Keller an den Strom hätte anschließen müssen) das Eindringen von Wasser nicht hätte verhindern können; keinesfalls kann damit eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung aufgezeigt werden.
[6] 6. Warum die Mietzinsminderung (nicht davon, ob der Bestandgeber seiner Verpflichtung den bedungenen Gebrauch zu gewährleisten nachgekommen ist, sondern) davon abhängen sollte, ob und in welcher Form der Mieter das Bestandobjekt tatsächlich verwendet hat, erschließt sich nicht.
[7] 7. Das Ausmaß der Zinsminderung richtet sich nach dem Grad und der Dauer der Unbrauchbarkeit des Bestandobjekts (RS0021324), was nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu beurteilen ist und damit regelmäßig keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung aufwirft (RS0021324 [T3]; RS0108260 [T2]). Eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung im Einzelfall ist hier angesichts des in Bestand genommenen Gasthauses, das die Einkommensquelle des Beklagten sein sollte, aber gravierende Mängel aufwies, nicht erkennbar.
[8] 8. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).