3Ob193/21k – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl. Ing. A*, vertreten durch Dr. Gernot Nachtnebel, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei B*, vertreten durch Mag. Martin Machold, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 15. September 2021, GZ 40 R 118/21f 34, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1.1. Der Frage, ob es sich bei einem konkreten Verhalten um ein unleidliches Verhalten nach § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG handelt, kommt keine grundsätzliche Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zu, weil regelmäßig eine Abwägung im Einzelfall vorzunehmen ist (vgl RS0042984 [T3, T11]).
[2] 1.2. Das Berufungsgericht hat seinen Beurteilungsspielraum nicht überschritten, indem es den Vorfall vom 1. November 2020 als nicht ausreichend erachtete, um diesen Kündigungsgrund zu verwirklichen. Soweit sich der Kläger in diesem Zusammenhang auf zahlreiche weitere von ihm in erster Instanz behauptete Verhaltensweisen des Beklagten stützt, übersieht er, dass diese – abgesehen von einer einmaligen Beschimpfung des Klägers – gerade nicht festgestellt werden konnten.
[3] 2.1. Ein erheblich nachteiliger Gebrauch des Mietgegenstands iSd § 30 Abs 2 Z 3 erster Fall MRG liegt (ua) dann vor, wenn durch eine wiederholte, länger währende vertragswidrige Benützung des Bestandobjekts eine erhebliche Verletzung der Substanz des Mietgegenstands erfolgte oder auch nur droht (vgl RS0068076 ua). Ob ein erheblich nachteiliger Gebrauch anzunehmen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, deren rechtliche Würdigung vom Obersten Gerichtshof nicht zu überprüfen ist, außer es läge eine auffallende und im Interesse der Rechtssicherheit zu korrigierende Fehlbeurteilung der Zumutbarkeit einer Fortsetzung des Bestandverhältnisses vor (vgl RS0113693).
[4] 2.2. Dass das Berufungsgericht auch diesen Kündigungsgrund verneinte, begründet schon deshalb keine erhebliche Rechtsfrage, weil die für die Verwirklichung dieses Kündigungsgrundes erforderliche erhebliche Schädigung der Bausubstanz durch die vom Beklagten in Auftrag gegebene Herstellung einer Zwischendecke weder aus den Feststellungen ersichtlich noch nach der Lebenserfahrung zu erwarten ist. Es ist deshalb ohne Relevanz, ob der vom Beklagten mit diesen Arbeiten beauftragte Tischler als dafür „befugter Gewerbetreibender“ anzusehen ist. Auch auf die vom Kläger behauptete Abmahnung des Beklagten kommt es unter diesen Umständen nicht an. Bereits das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die erstmals in der Berufung aufgestellte Behauptung, dem Kläger drohten durch den – ohne vorherige Einholung einer Baubewilligung erfolgten, jedoch nach den Feststellungen grundsätzlich nachträglich bewilligungsfähigen – Einbau der Zwischendecke auch verwaltungsrechtliche Nachteile, wegen Verstoßes gegen das Neuerungsverbot unbeachtlich ist.