JudikaturOGH

1Ob198/21f – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. November 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ. Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer Zeni Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T*, vertreten durch die Kocher Bucher Rechtsanwälte OG, Graz, gegen die beklagte Partei *bank *, vertreten durch Dr. Stefan Herdey und Dr. Roland Gsellmann, Rechtsanwälte in Graz, wegen 43.734,80 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 15. Juni 2021, GZ 6 R 5/21h 37, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 28. Dezember 2020, GZ 35 Cg 50/19a 32, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Die Klägerin war gemeinsam mit ihrem geschiedenen Ehegatten Solidarschuldnerin mehrerer Kreditverbindlichkeiten bei der beklagten Bank. Zu deren Besicherung waren auf den Ehegatten je zur Hälfte gehörigen Liegenschaften (Simultan )Pfandrechte über insgesamt 400.000 EUR einverleibt. Nachdem über das Vermögen des Ehemannes ein Insolvenzverfahren eröffnet worden war, wurde die Klägerin mit (in Rechtskraft erwachsenem) Urteil vom 27. 2. 2015 schuldig erkannt, rund 230.000 EUR samt rund 6,8 % pa Zinsen seit 1. 1. 2013 bei kontokorrentmäßiger Kapitalisierung pro Quartal zu zahlen sowie Kosten von (einschließlich des Berufungsverfahrens) rund 40.000 EUR zu ersetzen. Über Initiative der Klägerin wurde zwischen den Streitteilen vereinbart, dass die Beklagte die Klägerin – nicht aber ihren geschiedenen Ehemann – bei Zahlung von 395.000 EUR aus der persönlichen Haftung entlässt und die Liegenschaften lastenfrei stellt; unstrittig ist, dass in diesem Zusammenhang – ohne weitere Zahlung – die Miteigentumsanteile des Mannes auf die Klägerin übertragen wurden, nachdem sie am 30. 5. 2016 den vereinbarten Betrag gezahlt hatte. Für den Erwerb der Miteigentumsanteile war zwischen den vormaligen Ehegatten ein Kaufpreis von 206.000 EUR vereinbart worden, der zur (teilweisen) Abdeckung der Verbindlichkeiten samt Lastenfreistellung verwendet werden sollte. Die Beklagte schrieb auf die Kreditverbindlichkeiten einen Betrag von 197.500 EUR als Realisat aus dem Eigentumsanteil des Mannes gut.

[2] Ihr unter Berufung auf eine vermeintliche Überzahlung bzw einen Forderungsübergang nach § 1358 ABGB gestütztes Begehren auf Zahlung von 43.734,80 EUR samt Zinsen wiesen die Vorinstanzen übereinstimmend ab. Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig, weil Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung nicht zu lösen gewesen seien.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die dagegen erhobene Revision ist nicht zulässig, weil die Klägerin darin keine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO anspricht.

[4] 1. Unter Berücksichtigung der Kosten, Zinsen und Zinseszinsen betrug die titulierte Verbindlichkeit der Klägerin zum Zeitpunkt der Zahlung des vereinbarten Betrags mehr als 330.000 EUR. Zu ihrer Behauptung einer „Überzahlung“ beruft sie sich auf insgesamt vier Zahlungen: Die Zahlung über rund 20.600 EUR vom 29. 5. 2012 ist schon deshalb ohne Bedeutung, weil diese von der Klägerin selbst bereits im Verfahren erster Instanz bei ihrer Berechnung des offenen Gesamtbetrags abgezogen wurde; sie stammt zudem aus der Zeit vor dem Urteil vom 27. 2. 2015. Die „Quotenausschüttung“ über rund 27.000 EUR im Juni 2014 wurde bereits im angesprochenen Urteil behandelt und weitgehend zu ihren Gunsten berücksichtigt. Soweit sie eine Anrechnung einer Ausschüttung an die Beklagte aus dem Rückkauf einer Lebensversicherung im Mai 2013 über rund 58.000 EUR anstrebt, ist ihr entgegenzuhalten, dass sie diese Zahlung schon im Titelverfahren hätte einwenden müssen, wenn sie überhaupt der Tilgung einer Verbindlichkeit gedient haben sollte, die Gegenstand des Verfahrens war und für die sie mithaftete; hat sie dies unterlassen, kann sie das Bestehen einer Schuld in der titelmäßigen Höhe zum damals relevanten Entscheidungszeitpunkt nicht mehr in Frage stellen (vgl RIS Justiz RS0106966). Was schließlich die Behauptung betrifft, ein Bürge habe einen weiteren Betrag von rund 19.000 EUR gezahlt, liegt dazu weder eine entsprechende Prozessbehauptung im Verfahren erster Instanz noch eine Tatsachenfeststellung vor; nur der Vollständigkeit halber ist zu erwähnen, dass sich aus der von der Revisionswerberin dazu erwähnten Urkunde – und schon aus ihrem erstinstanzlichen Vorbringen – ergibt, dass jene Kreditverbindlichkeit, die mit einer Bürgschaft besichert war, von der Vereinbarung über die Schuldenreduktion gerade nicht erfasst sein sollte.

[5] Insgesamt kann die Klägerin somit nicht aufzeigen, dass die von ihr (vereinbarungsgemäß) geleistete Zahlung von 395.000 EUR, die mit zumindest der Hälfte dem Erwerb der unbelasteten Miteigentumsanteile diente, den zum Zahlungszeitpunkt tatsächlich offenen Betrag ihrer Verbindlichkeiten überstiegen hätte. Nimmt man den Wert der erworbenen Miteigentumsanteile mit rund 200.000 EUR an, musste sie wirtschaftlich nur 195.000 EUR aufwenden, um die titulierte Forderung der Beklagten gegen sie von mehr als 330.000 EUR zum Erlöschen zu bringen. Damit geht auch ihre Rechtsbehauptung, die vereinbarte Höhe ihrer „Abschlagszahlung“ sei wucherisch gewesen, ins Leere.

[6] 2. Die weiteren Revisionsausführungen sind weitgehend unverständlich. Was ihr Vorwurf „Durch die unrichtige rechtliche Beurteilung des Sachverhalts durch das Erstgericht ist aufgrund der nicht rechtskonformen Vorgangsweise die klagende Partei nicht in der Lage gewesen, ihre eingelösten Forderungen gegen [ihren geschiedenen Mann in dessen Konkursverfahren] geltend zu machen“, bedeuten soll, erschließt sich nicht. Sie legt auch nicht einmal ansatzweise dar, warum – und in welcher Höhe – es zu einer „Einlösung gemäß § 1358 ABGB“ gekommen sein sollte und inwieweit dies zu einem Bereicherungsanspruch gegen die Beklagte führen könnte.

[7] 3. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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