JudikaturOGH

8ObA51/21i – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Oktober 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann Prentner und Mag. Korn als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Bernhard Gruber (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Josef Putz (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei W***** P*****, vertreten durch Rainer-Rück-Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei E*****, vertreten durch Dr. Hans Christian Lass, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 1.492,95 EUR brutto sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 2. Juni 2021, GZ 15 Ra 36/21p 21, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Gegenstand des Verfahrens ist eine nach dem Mindestlohntarif für Hausbesorger vorgesehene Heizkesselzulage. Der Anspruch auf diese Zulage war zwischen den Parteien zunächst strittig, sie wurde dem Kläger über dessen Insistieren aber nach Prüfung der Rechtslage schließlich bezahlt. Während das Erstgericht dieses Zugeständnis in seiner Entscheidung im Ergebnis als konstitutives, einen selbstständigen Rechtsgrund bildendes Anerkenntnis beurteilt hat, ist das Berufungsgericht von einer bloßen Wissenserklärung, also einem deklarativen Anerkenntnis (vgl RIS Justiz RS0114623 [T4]) ausgegangen.

[2] 2. Es besteht entgegen den Revisionsausführungen kein Widerspruch der Begründung des Berufungsgerichts zu der Feststellung, die Auszahlung eines zweiten Kesselzuschlags an den Kläger habe „weder auf einem Versehen noch einem Irrtum“ des Hausverwalters beruht. Diese Feststellung bezieht sich auf die Tatsachenebene, also darauf, dass die Auszahlung der Zuschläge bis zur Einstellung der Leistung mit Wissen und Willen des Dienstgebers erfolgte. Dies widerspricht aber nicht der Annahme, dass der Hausverwalter dabei von einer irrigen Vorstellung der rechtlichen Grundlagen geleitet wurde.

[3] In der Revision wird nicht mehr in Frage gestellt, dass die im Mindestlohntarif normierten Voraussetzungen für die begehrte Zulage nicht vorliegen.

[4] 3. Die Abgrenzung zwischen deklarativem und konstitutivem Anerkenntnis erfolgt nach dem Parteiwillen im Einzelfall, bei dessen Ermittlung der verfolgte Zweck, die beiderseitige Interessenlage und die allgemeine Verkehrsauffassung über die Erklärungsbedeutung maßgeblich sind (RS0017965; RS0032666; allg RS0044298; Kajaba in Kletečka/Schauer ABGB-ON 1.04 § 1375 Rz 18 f; Neumayr in KBB 6 § 1375 ABGB Rz 5). Eine Einzelfallentscheidung ist für den Obersten Gerichtshof nur dann überprüfbar, wenn im Interesse der Rechtssicherheit ein grober Fehler bei der Auslegung der anzuwendenden Rechtsnorm korrigiert werden müsste (RS0044088 [T8, T9]).

[5] 4. Die hier angefochtene Entscheidung bewegt sich im Rahmen der Grundsätze der Rechtsprechung zur Vertragsauslegung. Nach den Feststellungen war der Verpflichtungswille der Beklagten nur auf die Erfüllung eines nach dem Mindestlohntarif zwingenden Anspruchs gerichtet, den sie nach erster Prüfung der Rechtslage für gegeben erachtete. Die Beurteilung, dass der Kläger nach den Umständen objektiv nicht davon ausgehen konnte, dass ihm die Beklagte den Zuschlag unabhängig vom Bestehen eines zwingenden Anspruchs gewähren wollte, ist nachvollziehbar und nicht korrekturbedürftig.

[6] Ob bei den festgestellten Umständen auch eine andere Beurteilung der Abgrenzung zwischen deklarativem und konstitutivem Anerkenntnis vorstellbar gewesen wäre, bildet keine über den Einzelfall hinaus erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO (vgl RS0107768).

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