JudikaturOGH

1Ob184/21x – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. Oktober 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ. Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer Zeni Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*, vertreten durch die Siarlidis Huber Erlenwein Rechtsanwälte OG, Graz, gegen die beklagte Partei R*, vertreten durch Mag. Peter Lieskonig, Rechtsanwalt in Graz, wegen 12.176,59 EUR sA, über die „außerordentliche“ Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse 11.382,39 EUR) gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 10. August 2021, GZ 5 R 60/21m 24, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Graz-Ost vom 18. Februar 2021, GZ 255 C 122/20b 10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

[1] Die Klägerin begehrt die Zahlung von Mietzins aufgrund eines ihrer Ansicht nach wirksam zustandegekommenen Mietvertrags sowie den Ersatz von Aufwendungen, die ihr im Zusammenhang mit dem – aufgrund des von der Beklagten erklärten Vertragsrücktritts – unternommenen Versuchs, einen anderen Mieter zu finden, entstanden seien.

[2] Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang von 794,20 EUR statt und wies das Mehrbegehren von 11.382,39 EUR ab. Der klagestattgebende Teil des Ersturteils erwuchs in Rechtskraft.

[3] Der gegen den klageabweisenden Teil des erstinstanzlichen Urteils erhobenen Berufung der Klägerin gab das Berufungsgericht nicht Folge. Es erklärte die ordentliche Revision mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO für nicht zulässig.

[4] Dagegen richtet sich die „außerordentliche“ Revision der Klägerin.

[5] Das Erstgericht legte das Rechtsmittel unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor.

[6] Diese Vorlage ist verfrüht.

Rechtliche Beurteilung

[7] Gemäß § 502 Abs 3 ZPO ist die Revision – außer im Fall des § 508 Abs 3 ZPO – jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand insgesamt zwar 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteigt und das Berufungsgericht (wie hier) die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen ist auch eine außerordentliche Revision nicht zulässig. Eine Partei kann dann nur gemäß § 508 Abs 1 und 2 ZPO binnen vier Wochen nach Zustellung des Berufungserkenntnisses den Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision dahin abzuändern, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde. Ein solcher Antrag muss die Gründe anführen, warum die ordentliche Revision für zulässig erachtet wird. Das ordentliche Rechtsmittel ist mit dem selben Schriftsatz auszuführen.

[8] Gemäß § 502 Abs 5 Z 2 ZPO gilt Absatz 3 nicht für die unter § 49 Abs 2 Z 5 JN fallenden Streitigkeiten, wenn dabei über eine Kündigung, über eine Räumung oder über das Bestehen oder Nichtbestehen des Vertrags entschieden wird. Der wesentliche Zweck der Ausnahmeregelung besteht darin, Entscheidungen in Fällen, in denen der Verlust des Bestandobjekts droht, unabhängig von der Bewertungsfrage bekämpfbar zu machen (RS0120190). Nach ständiger Rechtsprechung fallen Streitigkeiten, bei denen über die in § 502 Abs 5 Z 2 ZPO genannten Fragen nur im Rahmen der Vorfragenbeurteilung und nicht als Hauptfrage zu entscheiden ist, nicht unter diesen Ausnahmetatbestand ( RIS Justiz RS0042950; RS0043006).

[9] Hier liegt kein Fall des § 502 Abs 5 Z 2 ZPO vor, weil die Klägerin nur ein Zahlungsbegehren erhob, für dessen Beurteilung das Zustandekommen des Mietvertrags bzw die Wirksamkeit des von der Beklagten erklärten Vertragsrücktritts nur eine Vorfrage darstellt (RS0042922 [insb T5]).

[10] Die Zulässigkeit der Revision richtet sich somit – da der Gegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, zwar 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR überstieg – nach § 502 Abs 3 ZPO. In diesem Fall wäre ein Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO beim Prozessgericht erster Instanz einzubringen und dem Berufungsgericht zur Entscheidung vorzulegen gewesen (§ 507b Abs 2 ZPO). Diese Vorgangsweise ist auch dann einzuhalten, wenn das Rechtsmittel als „außerordentliche Revision“ bezeichnet ist (vgl RS0109623). Ob der vorliegende Schriftsatz den Erfordernissen des § 508 Abs 1 ZPO entspricht oder er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RS0109501 [T12]; RS0109623 [T5]).

Rückverweise