1Ob170/21p – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ. Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer Zeni Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. A*, vertreten durch die Dr. Borns Rechtsanwalts GmbH Co KG, Gänserndorf, gegen die beklagte Partei Q* GmbH, *, vertreten durch Mag. Dr. Andreas Schuster, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einwilligung in die Einverleibung des Eigentums, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29. Juni 2021, GZ 2 R 17/21s 47, mit dem das Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 3. Dezember 2020, GZ 29 Cg 25/20f 35, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
[1] Der Kläger begehrt die Zustimmung der Beklagten (bzw deren gerichtliche Ersetzung) zur Einverleibung des Eigentums an einer Liegenschaft. Er stützt sein Begehren darauf, dass die Beklagte sein Angebot angenommen habe, wonach er bzw eine noch zu gründende „Erwerbergesellschaft“ die Liegenschaft zu dem im Angebot genannten Kaufpreis erwirbt oder einen anderen Käufer namhaft macht.
[2] Der Kläger präsentierte der Beklagten eine Käuferin, welche die Liegenschaft zu einem höheren als dem im Angebot genannten Preis erwerben wollte und einen entsprechenden Kaufvertrag mit der Beklagten unterfertigte. Die Kaufpreisdifferenz sollte nach dem Willen aller Beteiligten der Kläger erhalten. Die Käuferin trat vom Kaufvertrag mit der Beklagten – aus hier nicht maßgeblichen Gründen – zurück.
[3] Der Kläger steht auf dem Standpunkt, er habe die Liegenschaft bereits aufgrund des von der Beklagten angenommenen Angebots erworben und sei berechtigt gewesen, diese an einen Dritten weiterzuveräußern, wobei die Eigentumsübertragung dann direkt von der Beklagten an den von ihm namhaft gemachten Erwerber erfolgen sollte. Da lediglich dieser Weiterverkauf gescheitert sei, habe der Kläger einen Anspruch auf Einverleibung des Eigentumsrechts.
[4] Das Berufungsgericht bestätigte die Abweisung der Klage durch das Erstgericht und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
[5] Mit Annahme des Angebots des Klägers durch die Beklagte sei kein rechtswirksamer Kaufvertrag zwischen den Parteien zustande gekommen, sondern dem Kläger nur das Recht eingeräumt worden, die Person des Käufers festzulegen und damit den Kaufvertrag zu „perfektionieren“. Da der Kläger eine dritte Käuferin namhaft machte , habe er das ihm zustehende Wahlrecht, die Liegenschaft entweder selbst ( allenfalls „ über“ eine Projektgesellschaft) zu erwerben oder der Beklagten einen anderen Käufer zu nennen, im letztgenannten Sinn ausgeübt, womit die mit der Beklagten getroffene Vereinbarung „umgesetzt bzw erfüllt“ worden sei. Dass dem Kläger nach Rücktritt der von ihm namhaft gemachten Käuferin von dem mit der Beklagten geschlossenen Kaufvertrag (bzw nach Rücktritt der Beklagten wegen Verzugs dieser Käuferin mit der Kaufpreiszahlung) ein Recht auf Erwerb der Liegenschaft zustünde, sei der Vereinbarung nicht zu entnehmen.
Rechtliche Beurteilung
[6] Die dagegen erhobene – mit einem Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO verbundene – ordentliche Revision des Klägers ist angesichts des berufungsgerichtlichen Bewertungsausspruchs in eine außerordentliche Revision umzudeuten (RIS Justiz RS0110049 [T20]). Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO wird darin nicht aufgezeigt.
[7] 1. Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, begründet nur dann eine erhebliche Rechtsfrage, wenn wegen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RS0042936). Dies vermag der Revisionswerber nicht darzulegen. Sein Argument, der wirksame Abschluss eines Kaufvertrags erfordere nur eine Einigung über die essentialia negotii (Ware und Preis), geht am hier zu beurteilenden Thema, inwieweit ein bindender Vertragswille die Festlegung einer bestimmten Person als Käufer erfordert, vorbei. Auch die in der Revision ins Treffen geführten höchstgerichtlichen Entscheidungen befassen sich nicht mit dieser Frage.
[8] 2. Warum die am klaren Wortlaut orientierte Auslegung des von der Beklagten angenommenen Angebots durch das Berufungsgericht, das davon ausging, dass der Kläger sein Wahlrecht, die Liegenschaft entweder selbst bzw durch eine Projektgesellschaft zu erwerben oder einen anderen Käufer namhaft zu machen, durch Benennung einer solchen Käuferin ausgeübt und dadurch die Vereinbarung mit der Beklagten umgesetzt habe, unvertretbar sein soll, legt der Revisionswerber nicht konkret dar. Es ist nicht ersichtlich und wird vom Rechtsmittelwerber auch nicht aufgezeigt, inwieweit der in der Revision ins Treffen geführten Rechtsprechung, wonach im Zweifel kein Vorvertrag (und nach Ansicht des Klägers auch keine Option) anzunehmen sei, wenn die Vereinbarung schon alle wesentlichen Merkmale eines Kaufvertrags enthält (vgl RS0038573), für den hier zu beurteilenden Fall eines dem Kläger eingeräumten Wahlrechts, den Kaufgegenstand entweder selbst (allenfalls über eine Projektgesellschaft) zu kaufen oder der Verkäuferin einen anderen Käufer namhaft zu machen, Bedeutung zukäme.
[9] Unverständlich ist die Argumentation, der Kaufvertrag zwischen der Beklagten und der vom Kläger namhaft gemachten Käuferin habe die Käuferposition des Klägers unberührt gelassen und nur „zusätzliche Rechte und Pflichten“ zu einem Dritten begründet. Dies würde ja bedeuten, dass die Beklagte sowohl dem Kläger als auch der Käuferin gegenüber zur Eigentumsverschaffung verpflichtet gewesen wäre, was von ihr (erkennbar) keineswegs gewollt sein konnte.
[10] 3. Unbedenklich erscheint schließlich auch die Argumentation des Berufungsgerichts, ein Weiterbestehen von Rechten des Klägers komme nach Namhaftmachung eines Dritten als Käufer nicht mehr in Betracht. Warum der Beklagten zu unterstellen sein sollte, sie hätte durch die Angebotsannahme mehrere Vertragsverhältnisse hintereinander begründen wollen, sofern das erste nicht erfüllt wird, vermag der Revisionswerber mit seinem bloßen Verweis auf Kriterien der „Redlichkeit“, der „angemessenen Lösung“ und des hypothetischen Parteiwillens nicht darzulegen.
[11] 4. Soweit der Rechtsmittelwerber schließlich behauptet, es seien rechtlich erhebliche „Tatsachen nicht erörtert“ und „erforderliche Feststellungen nicht getroffen“ worden, bleibt dieser – nicht näher ausgeführte – Vorwurf gänzlich unkonkret.
[12] 5. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).