11Os106/21d – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 23. September 2021 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in der Strafsache gegen Willibald L***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1, Abs 2 erster Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Schöffengericht vom 15. Juni 2021, GZ 13 Hv 107/20b 73, nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 62 Abs 1 zweiter Satz OGH Geo 2019) den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde Willibald L***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1, Abs 2 erster Fall StGB schuldig erkannt.
[2] Danach hat er „am 22. Oktober 2020 in S***** L***** mit Gewalt und durch Entziehung der persönlichen Freiheit zur Vornahme und Duldung des Beischlafs und dem Beischlaf gleichzusetzender geschlechtlicher Handlungen genötigt, indem er, nachdem er sie zuvor unangekündigt in sein Wohnhaus verbracht, dieses versperrt hatte und ihr gegenüber aggressiv aufgetreten war, sie gewaltsam in das im Obergeschoss seines Hauses gelegene Schlafzimmer drängte, auf das dort befindliche Bett stieß, sodass sie auf dem Rücken zu liegen kam, sich auf sie kniete, sie mit zwei Fingern seiner rechten Hand vaginal penetrierte, sie anschließend im Genitalbereich leckte, ihre Versuche, ihn von sich wegzudrücken unter Einsatz überlegener Kraft verhinderte, sich im Anschluss auf sie legte, die von ihr verlangte Verwendung eines Kondoms verweigerte, sie an den Handgelenken erfasste und fixierte, anschließend vaginalen Geschlechtsverkehr mit ihr vollzog, wobei es ihr kurzfristig gelang ihre linke Hand zu befreien und den Geschlechtsverkehr abzubrechen, worauf er ihre Hand erneut über dem Kopf fixierte, sie anschließend mit den Händen am Hinterkopf erfasste, ihren Kopf zu seinem Penis führte, ihr diesen gewaltsam und gegen ihren anhaltenden Widerstand dreimal in den Mund drückte, ihr in weiterer Folge die Beine auseinander drückte und schließlich erneut vaginalen Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguss mit ihr vollzog, wobei die Tat eine an sich schwere Gesundheitsschädigung und eine länger als 24 Tage dauernde Gesundheitsschädigung und Berufsunfähigkeit zur Folge hatte, und zwar eine posttraumatische Belastungsstörung und Depression, die zumindest bis 1. März 2021 fortbestand.“
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4 und 5a gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
[4] Abgesehen davon, dass die Verfahrensrüge (Z 4) die gebotene Angabe der Fundstelle der – als argumentative Basis der Nichtigkeitsbeschwerde dienenden – Antragstellung in den Akten unterlässt (RIS Justiz RS0124172), kann aus dem Unterbleiben der Aufnahme der in der Hauptverhandlung am 23. Februar 2021 (ON 59 S 55 f) beantragten Beweise auf Einholung
eines gynäkologischen Gutachtens,
eines DNA Gutachtens zur Klärung der Tat , Schuld und Subsumtionsfrage sowie
eines unfallchirurgischen Gutachtens nach erfolgter Wiederholung der Hauptverhandlung am 15. Juni 2021 (§ 276a zweiter Satz StPO) der Nichtigkeitsgrund der Z 4 nicht abgeleitet werden ( Ratz , WK StPO § 281 Rz 310). Dass der Verteidiger in der nach § 276a StPO wiederholten Hauptverhandlung „die Abweisung der Beweisanträge in der letzten Hauptverhandlung“ rügte (ON 72 S 3), genügt dem Erfordernis nicht (RIS Justiz RS0099049, R S0098869).
[5] Geschlechtsverkehr des Opfers mit anderen Männern vor der Tat des Angeklagten haben die Tatrichter ohnedies als erwiesen angenommen (§ 55 Abs 2 Z 3 StPO), sodass auch die (am 15. Juni 2021) zu diesem Nachweis begehrte DNA Auswertung eines Schamhaares mit Recht unterblieb (ON 72 S 13).
[6] Die Tatsachenrüge (Z 5a), die an Hand eigener Beweiswerterwägungen zu einzelnen – wiederum nicht durch den Hinweis auf konkrete Aktenstellen bezeichneten (RIS Justiz RS0124172) – Verfahrensergebnissen behauptet, dem Angeklagten wäre es nicht möglich gewesen, die mangelnde Einwilligung des Opfers in die geschlechtlichen Handlungen zu erkennen, erweckt keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen (RIS Justiz RS0118780, RS0119583). Sie erschöpft sich vielmehr in einem Angriff auf die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld .
[7] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
[8] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.