JudikaturOGH

4Ob143/21i – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. September 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon. Prof. PD Dr. Rassi und Dr. Parzmayr sowie die Hofrätin Mag. Istjan, LL.M., als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P*****gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Leopold Hirsch, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei O***** J*****, vertreten durch Dr. Peter Hauser, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 13.056,11 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 17. Mai 2021, GZ 53 R 57/21w 18, womit das Urteil des Bezirksgerichts Neumarkt bei Salzburg vom 29. Jänner 2021, GZ 10 C 179/20h 14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 939,24 EUR (darin 156,54 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

[1] Die klagende Partei war für den Beklagten als Werkunternehmerin für den Umbau seiner Küche und die Errichtung eines Schwimmbeckens samt Terrasse tätig und begehrt an offenem Werklohn 13.056,11 EUR sA.

[2] Der Beklagte bestritt ua mangels Nachvollziehbarkeit der klägerischen Rechnungen die Fälligkeit der Klagsforderung.

[3] Das Erstgericht wies die Klage mangels ordnungsgemäßer und nachvollziehbarer Rechnungslegung ab. Es sei unmöglich, die Rechnungen der klagenden Partei entsprechend zu kontrollieren, weil es diese in ihren Rechnungen generell unterlasse, die für die einzelnen Gewerke anfallenden Positionen und Kosten gesondert darzustellen.

[4] In ihrer dagegen erhobenen Berufung machte die klagende Partei als Mangelhaftigkeit geltend, dass das Erstgericht kein Bausachverständigengutachten eingeholt habe. Das Gutachten hätte Aufschluss darüber bringen können, welche Positionen für welche Gewerke verrechnet wurden und welche Positionen von der ursprünglichen Kostenschätzung umfasst waren. Dies hätte zu dementsprechenden Feststellungen geführt.

[5] Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil, wobei es die Mangelhaftigkeit verneinte. Es könne nicht Aufgabe des Gerichts sein, „eine überhaupt nicht nachprüfbare Rechnungslegung im Wege der Bestellung eines Sachverständigen aus dem Bauwesen nachprüfbar zu gestalten, auf dass dann im Laufe des Beweisverfahrens über die Einholung des Sachverständigengutachtens eine nachvollziehbare und prüfbare Abrechnung erfolgt“. Hinsichtlich der Fälligkeit schloss es sich der Rechtsansicht des Erstgerichts an.

[6] Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zur Klärung der Frage zulässig sei, „ob beim unverbindlichen Kostenvoranschlag für einen Teil der Leistungen und den weiteren Zusatzaufträgen außerhalb eines solchen Kostenvoranschlags eine getrennte Abrechnung vom ursprünglichen und vollendeten Auftrag auf Basis des Kostenvoranschlags bzw auf Basis der erteilten und erfüllten Zusatzaufträge vorzunehmen ist, um überhaupt eine Fälligkeit der Werklohnforderung zu bewirken“.

Rechtliche Beurteilung

[7] 1. Die Revision der klagenden Partei ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

[8] 2. Selbst wenn das Berufungsgericht – zu Recht – ausgesprochen hatte, die ordentliche Revision sei zulässig, das Rechtsmittel aber dann nur solche Gründe geltend macht, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt, ist die Revision trotz der Zulässigerklärung durch das Gericht zweiter Instanz zurückzuweisen (RIS Justiz RS0102059).

[9] 3.1 Die Klägerin stützt die Zulässigkeit ihres Rechtsmittels inhaltlich nicht auf die zweitinstanzliche Zulassungsbegründung.

[10] 3.2 Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass die Klagsforderung wegen der mangelnden Nachvollziehbarkeit nicht fällig sei, wird in dritter Instanz nicht mehr bestritten. Auch den Ausführungen des Rechtsmittels liegt die Rechtsansicht zugrunde, dass eine detaillierte Rechnung erst dann vorliegt, wenn unter Berücksichtigung der Art und des Umfangs des Werks sowie des Einblicks des Bestellers dieser ausreichend über die Berechnungsunterlagen informiert wird, sodass er die Angemessenheit des Gesamtentgeltes prüfen kann (RS0021946), widrigenfalls die Werklohnforderung nicht fällig ist (RS0021821).

[11] 3.3 Die Rechtsmittelwerberin zielt in der Revision darauf ab, dass der Einwand der mangelnden Fälligkeit nach der Judikatur dann unbeachtlich ist, wenn der Rechnungslegungspflichtige die Mängel der Abrechnung im Zuge des Rechtsstreits über seine Entgeltansprüche behebt, was auch mit Hilfe eines Sachverständigengutachtens erfolgen kann (RS0021928 [T1]). Sie habe darauf vertrauen dürfen, „dass die Fälligkeit jedenfalls mit Hilfe eines Sachverständigengutachtens hergestellt werden kann“.

[12] Nach Ansicht der Klägerin liege die erhebliche Rechtsfrage aber darin begründet, dass Rechtsprechung zur Frage fehle, ob es zulässig sei, einen Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens trotz angenommener fehlender Fälligkeit der Werklohnforderung, abzuweisen .

[13] 4. Mit dieser Argumentation wendet sich die Klägerin (nur) gegen die Verneinung der Mängelrüge durch das Berufungsgericht.

[14] 4.1 Nach gesicherter Rechtsprechung ist ein erstinstanzlicher Verfahrensmangel aber grundsätzlich kein Revisionsgrund, wenn die zweite Instanz die Mangelhaftigkeit verneint hat (RS0042963).

[15] 4.2 Im Anlassfall rügt die klagende Partei die Abweisung ihres Beweisantrags (Einholung eines Sachverständigengutachtens) durch das Erstgericht. Das kann daher schon deshalb keine erhebliche Rechtsfrage begründen, weil das Berufungsgericht den behaupteten Verfahrensmangel des Erstgerichts verneint hat.

[16] 4.3 Die aufgeworfene Rechtsfrage, ob die Tatsacheninstanzen verpflichtet sind, einen Sachverständigen (nur) deshalb zu bestellen, um es einem klagenden Werkunternehmer zu ermöglichen, die Mängel seiner Rechnung durch das erst einzuholende Gutachten sanieren zu lassen, musste somit nicht geklärt werden. Damit erweist sich das Rechtsmittel mangels erheblicher Rechtsfrage aber als unzulässig.

[17] 5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Die beklagte Partei hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Die verzeichnete Pauschalgebühr ist nicht angefallen und war daher nicht zuzusprechen.

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