1Ob143/21t – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ. Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer Zeni Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei MR Dr. H*****, vertreten durch Dr. Charlotte Böhm, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Ärztekammer *****, wegen 63.633,51 EUR sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 28. April 2021, GZ 13 R 44/21t 6, mit dem der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 19. März 2021, GZ 18 Cg 19/21b 2, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] Entscheidend für die Zulässigkeit des Rechtswegs ist, ob ein privatrechtlicher Anspruch geltend gemacht wird, der nicht durch Gesetz ausdrücklich vor eine Verwaltungsbehörde verwiesen wurde. Dafür ist auf den Wortlaut des Klagebegehrens und den in der Klage behaupteten Sachverhalt abzustellen (2 Ob 45/20m mwN). Die Frage, wie ein bestimmter eingeklagter Anspruch nach den vorstehenden Kriterien beurteilt wird, hängt regelmäßig von dessen konkreter Gestaltung und der Auslegung des Vorbringens im Einzelfall ab und begründet damit in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO, der über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukäme (RIS Justiz RS0045584 [T62]).
[2] Das Rekursgericht entnahm – wie schon das Erstgericht – dem Vorbringen in der Klage das Begehren auf Gewährung von Versorgungsleistungen aus dem Wohlfahrtsfonds nach Prüfung des Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen für eine Altersvorsorge trotz bereits ergangener Entscheidungen im Verwaltungsweg. Dies ist als Ergebnis einer im Einzelfall nicht korrekturbedürftigen Auslegung nicht zu beanstanden, zumal der Kläger in seiner Klage anführte, es stünde das Urteil des Verwaltungsgerichts einer Entscheidung des Zivilgerichts nicht entgegen; bezüglich der (in der Klage relevierten) Altersdiskriminierung und dem dadurch bewirkten Eingriff in die Erwerbsfreiheit liege keine entschiedene Rechtssache im Sinne der Bestimmung des § 411 ZPO vor; das zuständige Verwaltungsgericht habe nicht umfassend über die Frage des Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot entschieden.
[3] Auch noch im außerordentlichen Revisionsrekurs spricht der Kläger einen „Erfüllungsanspruch aufgrund der Diskriminierung wegen des Alters“ an, bezeichnet aber nun (wie erstmals im Rekurs) seinen Anspruch auch als Schadenersatzforderung („Schadenersatzanspruch bzw. Erfüllungsanspruch“, „einen Schadenersatz und einen Erfüllungsanspruch“) und formuliert schriftlich, der Schadenersatzanspruch sei im konkreten Fall „ein Erfüllungsanspruch“. Auch der Umstand, dass er durchgehend der Parteibezeichnung der Beklagten den Zusatz „Wohlfahrtsfonds“ beifügt, spricht für die Erhebung eines Erfüllungsanspruchs, da dieses Sondervermögen (§ 96 ÄrzteG 1998) im Rahmen der Amtshaftung keine Bedeutung hätte.
[4] Das Rekursgericht hatte dem Kläger vorgehalten, dass er den Instanzenzug im Verwaltungsverfahren (erfolglos) ausgeschöpft habe und eine Sukzessivzuständigkeit nicht vorgesehen sei. Abgesehen davon, dass eine erstinstanzliche unrichtige Entscheidung (mit Bescheid) auch nach dem Amtshaftungsgesetz nicht schadenersatzpflichtig mache, zeige der Umstand, dass der Kläger zur Rechtswidrigkeit des Handelns der Beklagten kein Vorbringen erstattet habe, dass er mit der Klage keine Schadenersatzansprüche verfolgt habe. Dieser Begründung setzte der Kläger bloß – ohne einen Erörterungsmangel durch das Rekursgericht geltend zu machen – entgegen, dies sei unzutreffend. Er beruft sich im Weiteren (wie zuvor) auf „Altersdiskriminierung“ (im Übrigen ohne erklären zu können, wie Bestimmungen, die Versorgungsleistungen für dieselbe Altersgruppe regeln, nach dem Alter diskriminierend sein können) und behauptet lediglich, die Beklagte habe in diskriminierender Weise Ärzte aufgrund der „Rechtsform der Berufsausübung“ widerrechtlich unterschiedlich behandelt. Auf ein Klagevorbringen zu unvertretbarem Handeln der Organe der beklagten Ärztekammer, das auf die Geltendmachung (auch) eines Amtshaftungsanspruchs hätte schließen lassen können, kann er aber nicht verweisen.
[5] Der Revisionsrekurs, der insgesamt keine erhebliche Rechtsfrage aufzeigen kann, ist demnach zurückzuweisen.
[6] Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).