3Ob55/21s – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D*****, vertreten durch CHG Czernich Haidlen Gast Partner Rechtsanwälte GmbH in Innsbruck, gegen die beklagte Partei T*****, wegen Wiederaufnahme, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 14. Dezember 2020, GZ 46 R 266/20p 5, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
[1] Im Verfahren des Bezirksgerichts Hernals zu 11 Nc 34/19b beantragte die Klägerin die Vollstreckbarerklärung des von einem Schiedsgericht in der Tschechischen Republik erlassenen „Endgültigen Schiedsspruchs“ Rsp 06/2003 vom 4. August 2008.
[2] Das Erstgericht wies den Antrag mit der Begründung ab, dass die Beglaubigung der Unterschriften der Schiedsrichter fehle. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht gab dem Rekurs der dortigen Antragstellerin und nunmehrigen Klägerin mit der Begründung nicht Folge, dass der Schiedsspruch durch einen Einstellungsbeschluss des Überprüfungsschiedsgerichts vom 23. Juli 2014 ersetzt worden sei.
[3] Der Oberste Gerichtshof wies den dagegen erhobenen Revisionsrekurs mit Beschluss vom 29. April 2020 zu 3 Ob 182/19i zurück.
[4] Mit der beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien, dem Rekursgericht im Vorverfahren, eingebrachten „Wiederaufnahmsklage gemäß § 530 Z 7 ZPO“ beantragte die Klägerin die Bewilligung der Wiederaufnahme, die Aufhebung des Beschlusses des Obersten Gerichtshofs vom 29. April 2020 und die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs vom 4. August 2008 bis zum Betrag von 325.510,62 EUR. Die Zuständigkeit des Rekursgerichts leitete die Klägerin daraus ab, dass sich das Rekursgericht erstmals mit dem Schiedsspruch und dem Einstellungsbeschluss inhaltlich auseinandergesetzt habe.
[5] Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien die Wiederaufnahmsklage zurück. Es war der Rechtsansicht, dass zwar ein Gericht höherer Instanz dann für die Wiederaufnahmsklage zuständig sei, wenn dieses im Vorverfahren zu anderen Tatsachenfeststellungen gelangt sei und der Wiederaufnahmsgrund vor allem diese Feststellung betreffe. Allerdings seien im Verfahren zur Vollstreckbarerklärung die Bestimmungen der ZPO über die Wiederaufnahme nicht (analog) anwendbar, weshalb die Klage zurückzuweisen sei.
[6] Das von der Klägerin mit ihrem dagegen erhobenen Rekurs ausdrücklich angerufene Oberlandesgericht Wien erklärte sich zur Entscheidung über den Rekurs unzuständig und überwies diesen an den Obersten Gerichtshof.
[7] Der Rekurs der Klägerin gegen die Zurückweisung ihrer Wiederaufnahmsklage ist zulässig. Er ist jedoch nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
[8] 1. Einziges Argument der Klägerin ist, dass auch im Exekutionsverfahren die Vorschriften über die Wiederaufnahme anzuwenden sind. Nach ständiger Rechtsprechung waren jedoch nach bisheriger Rechtslage im Exekutionsverfahren in Anbetracht der fehlenden Verweisung auf die entsprechenden Bestimmungen der ZPO in § 78 EO die Vorschriften über die Nichtigkeits und Wiederaufnahmsklage nicht analog anwendbar (RS0116625; RS0048251 [T2, T4]; s auch Jakusch in Angst / Oberhammer , EO 3 § 78 Rz 1 und Rz 2/1; Fucik in Burgstaller / Deixler Hübner , EO § 78 Rz 21).
[9] 2. Soweit sich die Rekurswerberin auf die (vermeintlich) abweichende Meinung in der Entscheidung 8 Ob 585/93 stützt, wurde diese bereits in der Entscheidung 3 Ob 1/01w behandelt und abgelehnt, wobei sich die dortigen Aussagen gegen eine analoge Anwendung der Vorschriften über die Nichtigkeits und Wiederaufnahmsklage im Exekutionsverfahren – entgegen der Ansicht der Klägerin – nicht auf das Sicherungsverfahren beschränken. Gegen die seither mehrfach unter Bezugnahme auf diese ausführlich begründete Entscheidung fortgeschriebene Rechtsprechung trägt die Klägerin inhaltlich keine neuen Argumente vor. Der Rekurs ist daher nicht berechtigt.
[10] 3. Ob aufgrund der mit der Gesamtreform des Exekutionsrechts (GREx, BGBl I 2021/869) erfolgten Änderung des § 78 EO eine abweichende rechtliche Beurteilung geboten sein könnte, ist hier im Hinblick auf das maßgebliche Übergangsrecht (§ 502 Abs 1 EO) nicht zu erörtern.
[11] 4. Auf die von der Klägerin für die begehrte Wiederaufnahme vorgetragenen Gründe ist infolge Unzulässigkeit der Wiederaufnahmsklage ebenfalls nicht einzugehen.