8Nc35/21w – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Tarmann Prentner und Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Wessely Kristöfel als weitere Richter in der Ablehnungssache der Richter des Oberlandesgerichts Graz in der Ablehnungssache der Richter des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz Mag. K*****, Dr. G*****, Mag. U*****, Mag. P*****, HR Dr. J*****, Mag. J*****, Mag. D*****, Mag. M*****, HR Dr. S***** und Dr. M*****, im Zusammenhang mit der dort zu AZ 25 Se 108/20z anhängigen Insolvenzantragssache der Schuldnerin M***** GmbH, *****, über die Ablehnung von Richtern den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Ablehnung aller Richter des Oberlandesgerichts Graz wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
[1] Im zugrundeliegenden Insolvenzantragsverfahren hat die Schuldnerin die nach der Geschäftsverteilung zuständige Richterin des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz Mag. K***** sowie mehrere weitere Richter dieses Gerichts mit Schreiben vom 2. 3. 2021 als befangen abgelehnt. Zusätzlich lehnte die Schuldnerin in dieser Rechtssache mit Schreiben vom 20. 4. 2021 zwei weitere Richterinnen des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz ab.
[2] Mit Beschluss vom 23. 4. 2021 zu AZ 3 Nc 7/21m hat der Ablehnungssenat des Landesgerichts für Z ivilrechtssachen Graz diese Ablehnungsanträge als rechtsmissbräuchlich zurückgewiesen, um einer neuerlichen „Ablehnungskaskade“ entgegenzutreten, und zwar unter Hinweis darauf, dass nach § 86a ZPO künftige gleichartige Ablehnungsanträge vom Ablehnungssenat nicht mehr behandelt, sondern ohne neuerliche Verständigung (nur) zum Akt genommen werden. Dagegen hat die Schuldnerin mit Schreiben vom 17. 5. 2021 einen Rekurs erhoben. Dieses Rechtsmittel wurde dem Oberlandesgericht Graz als Rekursgericht vorgelegt.
[3] Mit (im weiteren Verlauf mehrfach ergänzten) Schreiben vom 29. 6. 2021 lehnte die Schuldnerin den Präsidenten und den Vizepräsidenten sowie die ebenfalls namentlich bezeichneten Richter aller Senate des Oberlandesgerichts Graz ab.
[4] Das Oberlandesgericht Graz legte zu AZ 6 R 17/21y die Akten dem Obersten Gerichtshof gemäß § 23 JN vor.
Rechtliche Beurteilung
[5] 1. Wird ein Gerichtshof durch eine Ablehnung beschlussunfähig, so entscheidet über diese Ablehnung nach § 23 JN der zunächst übergeordnete Gerichtshof. Im vorliegenden Fall wurde das Oberlandesgericht Graz als Rekursgericht durch die Ablehnung aller seiner Richter beschlussunfähig. Zur Entscheidung über die Ablehnung ist daher insofern der Oberste Gerichtshof berufen (RS0109137 [T2]).
[6] 2. Nach § 19 Z 2 JN kann ein Richter in bürgerlichen Rechtssachen abgelehnt werden, wenn nach objektiver Prüfung und Beurteilung ein zureichender Grund vorliegt, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Die Ablehnung eines ganzen Gerichts ist nur bei Ablehnung jedes einzelnen seiner Richter unter Angabe konkreter Ablehnungsgründe möglich (7 Nc 18/20m; RS0045983 [T6]; RS0046005 [T1]). Im vorliegenden Fall fehlt ein konkretes Vorbringen zu individuellen Befangenheitsgründen. Aus der kolportierten Äußerung der Präsidentin eines untergeordneten Gerichtshofs, dass „die gesamte steirische Gerichtsbarkeit über unsere Sachverhaltsdarlegung informiert“ sei, bzw aus der Verfahrensführung eines Richters des Landesgerichts Leoben kann keinesfalls die Befangenheit aller Richter des Oberlandesgerichts Graz abgeleitet werden.
[7] 3. Da die Ablehnungserklärung nicht ausreichend substantiiert ist, bedarf es keiner Äußerung der abgelehnten Richter (1 Nc 3/19k; RS0045983 [T14]).
[8] 4. Die Ablehnung der Richter des Oberlandesgerichts Graz ist daher schon aus diesem Grund zurückzuweisen.