8Nc34/21y – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann Prentner und Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Wessely Kristöfel als weitere Richter in der Ablehnungssache sämtlicher Richter des Oberlandesgerichts Graz in der Ablehnungssache der Richterinnen des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz Mag. U*****, Mag. K***** und Dr. G*****, AZ 3 Nc 41/20k, im Zusammenhang mit der dort zu AZ 27 S 92/18h anhängigen Insolvenzrechtssache der Schuldnerin R***** OG, *****, Insolvenzverwalter Hon. Prof. Dr. Axel Reckenzaun, Rechtsanwalt in Graz, über die Ablehnung von Richtern den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Ablehnung aller Richter des Oberlandesgerichts Graz wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
[1] Im zugrundeliegenden Insolvenzverfahren hat die Schuldnerin – wiederholt – die nach der Geschäftsverteilung zuständige Richterin des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz sowie zwei ihrer Vertretungsrichterinnen als befangen abgelehnt.
[2] Mit Beschluss vom 23. 4. 2021 hat der Ablehnungssenat des Landesgerichts für Z ivilrechtssachen Graz diese Ablehnungsanträge als rechtsmissbräuchlich zurückgewiesen, um einer neuerlichen „Ablehnungskaskade“ entgegenzutreten, und zwar unter Hinweis darauf, dass nach § 86a ZPO künftige gleichartige Ablehnungsanträge vom Ablehnungssenat nicht mehr behandelt, sondern ohne neuerliche Verständigung (nur) zu den Akten gelegt werden. Dagegen hat die Schuldnerin einen Rekurs erhoben und unter einem weitere Richter des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz abgelehnt. Dieses Rechtsmittel wurde dem Oberlandesgericht Graz als Rekursgericht vorgelegt.
[3] Mit der am 22. 6. 2021 beim Rekursgericht einge brachte n Eingabe lehnte die Schuldnerin den Präsidenten und den Vizepräsidenten sowie die ebenfalls namentlich bezeichneten Richter aller Senate des Oberlandesgerichts Graz ab.
Rechtliche Beurteilung
[4] 1. Wird ein Gerichtshof durch eine Ablehnung beschlussunfähig, so entscheidet über diese Ablehnung nach § 23 JN der zunächst übergeordnete Gerichtshof. Im vorliegenden Fall wurde das Oberlandesgericht Graz als Rekursgericht durch die Ablehnung aller seiner Richter beschlussunfähig. Zur Entscheidung über die Ablehnung ist daher insofern der Oberste Gerichtshof berufen (RS0109137 [T2]).
[5] 2. Nach § 19 Z 2 JN kann ein Richter in bürgerlichen Rechtssachen abgelehnt werden, wenn nach objektiver Prüfung und Beurteilung ein zureichender Grund vorliegt, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Die Ablehnung eines ganzen Gerichts ist nur bei Ablehnung jedes einzelnen seiner Richter unter Angabe konkreter Ablehnungsgründe möglich (7 Nc 18/20m RS0045983 [T6]; RS0046005 [T1]). Im vorliegenden Fall fehlt ein konkretes Vorbringen zu individuellen Befangenheitsgründen. Aus der kolportierten Äußerung der Präsidentin eines untergeordneten Gerichtshofs, dass „die gesamte steirische Gerichtsbarkeit über unsere Sachverhaltsdarlegung informiert“ sei, bzw aus der Verfahrensführung eines Richters des Landesgerichts Leoben kann keinesfalls die Befangenheit aller Richter des Oberlandesgerichts Graz abgeleitet werden. Das gilt auch für eine einem Richter des Ablehnungssenats des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz unterstellte Voreingenommenheit.
[6] 3. Da die Ablehnungserklärung nicht ausreichend substantiiert ist, bedarf es keiner Äußerung der abgelehnten Richter (1 Nc 3/19k RS0045983 [T14]).
[7] 4. Die Ablehnung der Richter des Oberlandesgerichts Graz ist daher schon aus diesem Grund zurückzuweisen.