JudikaturOGH

10ObS68/21d – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. Juli 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Univ. Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Fichtenau und den Hofrat Mag. Ziegelbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Bernhard Kirchl (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Nicolai Wohlmuth (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei mj M*****, vertreten durch ihren Vater S*****, dieser vertreten durch Dr. Thomas Majoros, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1200 Wien, Adalbert-Stifter-Straße 65–67, wegen Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom 22. März 2021, GZ 10 Rs 11/21t 25, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Die Klägerin erlitt als Schülerin während des Turnunterrichts am 16. 5. 2019 einen Unfall. Objektivierbare Unfallfolgen sind eine Verrenkung der linken Kniescheibe nach außen mit Abbruch eines kleinen Knochenknorpelkörpers von der Kniescheibe, der operativ versorgt wurde und folgenlos abgeheilt ist. Es besteht keine Minderung der Erwerbsfähigkeit. Zumindest seit der Untersuchung durch den gerichtlichen Sachverständigen am 26. 5. 2020 liegen keine funktionellen Defizite bzw keine Funktionseinschränkungen vor. Dies betrifft die Muskelverschmächtigung (Oberschenkel rechts 45 cm, links 43 cm, Unterschenkel beidseits 35 cm) sowie die fallweise auftretende Unsicherheit beispielsweise im Einbeinstand. Es braucht relativ lange, bis die Muskulatur wieder seitengleich ausgebildet ist. Einer speziellen Therapie bedarf es nicht, es reicht die normale alltägliche Belastung aus. Eine Gesundheitsstörung liegt daher nicht mehr vor.

[2] Mit Bescheid vom 30. 1. 2020 lehnte die beklagte Allgemeine Unfallversicherungsanstalt die Anerkennung dieses Ereignisses als Arbeitsunfall und die Gewährung von Leistungen aus der Unfallversicherung ab.

[3] Das Erstgericht wies das Klagebegehren, es werde festgestellt, dass die beim Ereignis am 16. 5. 2019 erlittene Verrenkung der linken Kniescheibe Folge eines Schülerunfalls sei sowie das Begehren auf Zuerkennung von Versehrtengeld ab. Die Verrenkung der Kniescheibe sei zwar Folge eines Arbeitsunfalls gewesen. Im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz sei jedoch keine Gesundheitsstörung mehr vorgelegen.

[4] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

[5] In ihrer außerordentlichen Revision zeigt die Klägerin keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf:

[6] Die Revisionswerberin macht geltend, dass es sich beim Begriff der „Gesundheitsstörung“ in § 82 Abs 5 ASGG um einen unbestimmten Rechtsbegriff handle. Ob noch eine Gesundheitsstörung bestehe, sei daher nicht durch einen Sachverständigen zu ermitteln. Die festgestellte Muskelverschmächtigung und die daraus resultierende Unsicherheit im Einbeinstand seien Folge der unfallkausalen Verletzungen der Klägerin und daher als Gesundheitsstörungen zu qualifizieren.

[7] Die Auslegung der in einer gerichtlichen Entscheidung enthaltenen Feststellungen ist jeweils einzelfallbezogen und bildet regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage (RIS Justiz RS0118891). Die unfallskausale Verletzung der Klägerin ist nach den Feststellungen die Verrenkung der linken Kniescheibe samt Abbruch eines kleinen Knochenknorpelkörpers. Diese Verletzung ist folgenlos abgeheilt. Die Muskelverschmächtigung liegt nur vorübergehend vor und wird sich ohne Notwendigkeit einer Behandlung ausgleichen. Sie ist – ebenso wie die bei der Klägerin nur fallweise noch auftretende Unsicherheit zB im Einbeinstand – weder mit einem funktionellen Defizit noch mit einer Funktionseinschränkung verbunden. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass darin keine Gesundheitsstörung im Sinn des § 82 Abs 5 ASGG liegt, stellt nach den maßgeblichen Umständen des konkreten Falls keine korrekturbedürftige Auslegung dar (RS0118891).

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