JudikaturOGH

11Os70/21k – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. Juli 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Juli 2021 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in der Strafsache gegen R***** wegen des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Schöffengericht vom 23. März 2021, GZ 13 Hv 117/20y 19, nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 62 Abs 1 zweiter Satz OGH Geo 2019) den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde R***** des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 1. November 2020 in H***** I ***** außer den Fällen des § 201 StGB mit Gewalt zur Vornahme und zur Duldung geschlechtlicher Handlungen genötigt, indem er sie gegen ihren erklärten Willen (US 4, 5) an den Handgelenken ergriff und festhielt, sie auf einen Sessel drängte, sie niederdrückte, ihre Hand auf seinen entblößten Penis legte, sie veranlasste, diesen zu massieren, ihre Beine auseinander drückte und unterhalb ihrer Kleidung ihre Brust streichelte und küsste sowie ihre Scheide berührte.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen wendet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 [lit a] StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

[4] Seine Feststellungen zur subjektiven Tatseite (US 4 f) leitete das Schöffengericht – der Mängelrüge (Z 5) zuwider willkürfrei (RIS Justiz RS0098671 [insbesondere T5]) – aus der konstatierten „objektiven Vorgehensweise“ des Beschwerdeführers ab (US 7 f). Diese wiederum erschloss es – unter Miteinbeziehung weiterer Beweisergebnisse – vor allem aus der vom Gericht als glaubhaft erachteten Zeugenaussage I*****, während es die leugnende Verantwortung des Angeklagten als unglaubhaft verwarf (US 5 bis 7).

[5] Soweit die Rüge aus der (solcherart gar wohl gewürdigten) Einlassung des Beschwerdeführers und dessen – ohnehin festgestellten (US 5) – leichten Intelligenzminderung von jenen des Erstgerichts abweichende Schlüsse gezogen wissen will (er habe „keine Gewalt anwenden“ wollen „bzw.“ sei „vom Einverständnis des Opfers“ ausgegangen), erschöpft sie sich in einem Angriff auf die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld.

[6] Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet einen Rechtsfehler mangels Feststellungen zum Nötigungsmittel der „Gewalt“. Indem sie ihre Argumentation nicht auf der Basis der – gerade dazu getroffenen – Urteilskonstatierungen in ihrer Gesamtheit (US 4 f) entwickelt, verfehlt sie die prozessförmige Darstellung des herangezogenen (materiell-rechtlichen) Nichtigkeitsgrundes (RIS Justiz RS0099810).

[7] Hinzugefügt se i, dass als Mittel zur Willensbeugung jede Art von Gewalt (im Sinn des Einsatzes einer nicht ganz unerheblichen physischen Kraft) zur Überwindung eines wirklichen oder vermuteten Widerstands genügt, wobei keine besondere Intensität der Kraftanwendung nötig ist (RIS Justiz RS0095666). Nach dem Urteilssachverhalt erfüllen die festgestellten Verhaltensweisen des Angeklagten (Festhalten an beiden Handgelenken, Drängen und Niederdrücken auf einen Sessel, Auseinanderdrücken der Beine) diesen Gewaltbegriff.

[8] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits nach nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

[9] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Rückverweise