JudikaturOGH

3Ob25/21d – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. Juni 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H*****, vertreten durch Dr. Clemens Vintschgau, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. E*****, und 2. El*****, beide vertreten durch Dr. Herbert Gartner und Mag. Daniel Karandi, Rechtsanwälte in Wien, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 16. Dezember 2020, GZ 38 R 178/20p 19, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Die Beklagten mieteten von der Rechtsvorgängerin der Klägerin ein Geschäftslokal, in der sie einen Gastronomiebetrieb führen. Die Klägerin erwarb das Objekt mit Kaufvertrag vom Dezember 2018; die Beklagten erfuhren davon im Februar 2019. Anfang 2019 erklärte der Sohn der Klägerin dem Zweitbeklagten, er solle „mit der Mietzinszahlung abwarten“, weil eine Rückabwicklung des Kaufvertrags möglich sei. Es folgten Gespräche über das Mietverhältnis der Streitteile, die insbesondere zur Frage einer Investitionsablöse und über einen neuen Vertrag mit höherem Mietzins keine Einigung erbrachten. Bis zur Einbringung einer Mietzins- und Räumungsklage im August/September 2019 erhielten die Beklagten von der Klägerin keine Mietzinsvorschreibungen und auch keine Kontonummer; den in dieser Klage genannten Rückstand zahlten die Beklagten am 5. November 2019 auf das Konto des im dortigen Verfahren ausgewiesenen Klagevertreters. Die Mietzinse für Oktober und November 2019, die die Klägerin von den Beklagten am 14. November 2019 per E Mail unter erstmaliger Bekanntgabe einer Kontoverbindung einforderte, zahlten die Beklagten am 4. Dezember 2019, einen Tag nach Zugang der nunmehr gegenständlichen gerichtlichen Aufkündigung.

[2] Das Erstgericht hob die von der Klägerin auf § 30 Abs 2 Z 1 MRG gestützte gerichtliche Aufkündigung auf und wies das Räumungsbegehren ab. Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos.

[3] Die außerordentliche Revision der Klägerin zeigt keine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf:

Rechtliche Beurteilung

[4] 1. Gemäß § 15 Abs 3 Satz 2 MRG hat der Vermieter dem Mieter für die Zahlung des Mietzinses ein verkehrsübliches Bankkonto bekannt zu geben. Die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen der „Rechtsnatur“ dieser Bestimmung sowie die rechtlichen Folgen eines Verstoßes gegen diese sind nicht entscheidungswesentlich. Selbst wenn man nämlich den von der Klägerin in diesem Kontext behaupteten, vom Berufungsgericht dagegen verneinten Zahlungsverzug der Beklagten annehmen wollte, fehlt es an dem auch schon vom Erstgericht zutreffend verneinten groben Verschulden:

[5] 2. Für die Beurteilung der Frage, ob den Mieter an der verspäteten Zahlung des Mietzinses ein grobes Verschulden trifft, ist seine Willensrichtung entscheidend, die zur Zahlungssäumnis führte (RS0069316 [T2]). Grobes Verschulden setzt ein besonderes Maß an Sorglosigkeit voraus, sodass der Vorwurf berechtigt erscheint, der Mieter habe die Interessen des Vermieters aus Rechthaberei, Willkür, Leichtsinn oder Streitsucht verletzt (RS0069304).

[6] 3. Bereits das Erstgericht hat die Aufhebung der gerichtlichen Aufkündigung (auch) damit begründet, dass kein solches grobes Verschulden der Beklagten vorgelegen habe. Dem ist die Klägerin in ihrer Berufung nur insoweit entgegengetreten, als sie behauptete, die Beklagten hätten ein fehlendes Verschulden nicht eingewendet. Dieser Standpunkt war aktenwidrig, haben doch die Beklagten hinreichendes Tatsachenvorbingen dazu erstattet, dass sie an einem allfälligen Mietzinsrückstand kein Verschulden treffe, weil insbesondere die Rückabwicklung des Kaufvertrags im Raum gestanden und ihnen jedenfalls erst sehr spät eine Bankverbindung bekanntgegeben worden sei (vgl ON 3).

[7] 4. Soweit demnach die Klägerin behauptet, die Beklagten hätten „schlicht die fälligen Zinse ohne jede Begründung nicht“ gezahlt, entfernt sie sich vom festgestellten Sachverhalt. Demgegenüber ist bereits die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts, in Anbetracht der konkreten Umstände könne die erst am 4. Dezember 2019 erfolgte Zahlung der Mietzinse für Oktober und November 2019 den Beklagten nicht als grob schuldhaft vorgeworfen werden, nicht zu beanstanden.

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