JudikaturOGH

2Ob60/21v – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. Juni 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden und den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé und die Hofräte Dr. Nowotny und MMag. Sloboda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** G*****, vertreten durch Mag. Zeno Agreiter, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagten Parteien 1. H***** M*****, und 2. S***** AG, *****, beide vertreten durch Dr. Martin Wuelz, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 20.875,46 EUR sA und Feststellung (Streitwert 5.000 EUR), über die Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse 9.791,33 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 17. Dezember 2020, GZ 1 R 169/20t 62, mit welchem das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 6. Oktober 2020, GZ 8 Cg 103/18z 50, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien binnen 14 Tagen die mit 917,02 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 152,84 EUR Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Text

Begründung:

[1] Die Erstbeklagte näherte sich mit dem von ihr gehaltenen und bei der Zweitbeklagten haftpflichtversicherten Pkw bei blinkendem Grünlicht einer ampelgeregelten Kreuzung, um nach links abzubiegen. „Gerade als sie die Ampel passierte“ schaltete diese auf Gelblicht. Die Erstbeklagte setzte das Abbiegemanöver fort und stieß bei dessen Abschluss mit der Klägerin zusammen, die die Fahrbahn im Bereich eines Schutzwegs auf einem Fahrrad überquerte. Die Vorinstanzen konnten nicht feststellen, wie schnell sich die beiden Fahrzeuge dem Kollisionspunkt angenähert hatten und ab wann freie Sicht aufeinander bestanden hatte. Auf dieser Grundlage verneinten sie ein Verschulden der Erstbeklagten, bejahten aber eine Haftung der Beklagten nach dem EKHG für ein Drittel des von der Klägerin erlittenen Schadens.

[2] Die Klägerin macht in ihrer mit einem Zulassungsantrag verbundenen Revision geltend, dass die Erstbeklagte ein Verschulden treffe, weil ihr ein Aufmerksamkeitsfehler zur Last falle und sie ihre Geschwindigkeit angesichts des blinkenden Grünlichts nicht so verringert habe, dass sie vor der Gelblicht zeigenden Ampel anhalten konnte; zudem sei ein festgestellter Atemalkoholgehalt von 0,14 mg/l zu berücksichtigen. Auf dieser Grundlage hafteten die Beklagten für ein weiteres Drittel des Schadens.

[3] Das Berufungsgericht ließ die Revision nachträglich zu, weil es aufgrund der Ausführungen im Zulassungsantrag daran zweifelte, ob die Feststellungen ausreichten, „um die Voraussetzungen des § 38 Abs 2 StVO bejahen zu können“.

[4] Die Revision ist ungeachtet dieses den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruchs nicht zulässig :

Rechtliche Beurteilung

[5] 1. Die Revision und die daran anknüpfende Zulassungsbegründung beruhen erkennbar auf der Annahme, dass die Erstbeklagte gegen das Gebot des Anhaltens bei nicht blinkendem Gelblicht (§ 38 Abs 1 StVO) verstoßen habe, weswegen ihr nun der Beweis obliegen könnte, dass ein sicheres Anhalten nicht mehr möglich gewesen wäre (§ 38 Abs 2 Satz 2 StVO).

[6] Ob diese Beweislastverteilung zutrifft, kann allerdings offen bleiben. Denn der Oberste Gerichtshof hat schon in der Entscheidung 8 Ob 193/78 (ZVR 1980/12) bei praktisch gleichlautenden Feststellungen (Umspringen auf Gelblicht „im Augenblick“ des Einfahrens in die Kreuzung) schon einen Verstoß gegen § 38 Abs 1 StVO verneint. Gründe für ein Abgehen von dieser Ansicht zeigt die Revision nicht auf. Damit kommt es aber nicht mehr darauf an, ob die Voraussetzungen des § 38 Abs 2 Satz 2 StVO erfüllt waren, welche Bedeutung in diesem Zusammenhang das Grünblinken hätte (vgl RS0075257 [T1]) und wie insofern die Beweislast verteilt wäre.

[7] 2. Auch sonst zeigt die Revision keine erhebliche Rechtsfrage auf. Der Beweis eines Beobachtungs- oder Aufmerksamkeitsfehlers ist der Klägerin wegen der Negativfeststellungen zu den Annäherungsgeschwindigkeiten und zur wechselseitigen Wahrnehmbarkeit nicht gelungen. Die Grenzwerte von § 5 Abs 1 StVO und § 14 Abs 8 FSG waren nicht überschritten; zudem könnte eine allfällige Alkoholisierung zwar schulderschwerend, nicht aber haftungsbegründend wirken (RS0027068). Die Höhe des zugesprochenen Schmerzengeldes bedarf keiner Korrektur. Die Revision ist daher zurückzuweisen.

[8] 3. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagten haben auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen, die Klägerin hat daher die Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen. Bemessungsgrundlage ist allerdings nur das Revisionsinteresse von 9.791,33 EUR.

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