JudikaturOGH

7Ob102/21g – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Juni 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätin und die Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, MMag. Matzka und Dr. Weber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** AG, *****, vertreten durch die Pistotnik Krilyszyn Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Valentina Spatz, Rechtsanwältin in Wien, wegen 6.915.130,44 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29. März 2021, GZ 2 R 151/19v 220, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Die behaupteten Mängel des Berufungsverfahrens wurden geprüft; sie liegen nicht vor.

[2] 1.1. Ein Mangel des Berufungsverfahrens läge dann vor, wenn sich das Berufungsgericht mit den Berufungsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens oder der unrichtigen Beweiswürdigung überhaupt nicht befasst hätte (RS0043141 [T1]; RS0043371). Hat das Berufungsgericht hingegen – wie hier – die Beweiswürdigung des Erstgerichts überprüft und nachvollziehbare Erwägungen über die Beweiswürdigung angestellt, so ist das Berufungsverfahren mängelfrei geblieben (RS0043150; RS0043268 [T4]).

[3] 1.2. Ob eine vom Berufungsgericht seiner Erledigung der Beweisrüge zugrunde gelegte Auffassung, eine Tatsachenrüge sei gesetzmäßig ausgeführt oder nicht, richtig ist, bildet regelmäßig keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung (vgl RS0041835 [T6]).

[4] 1.3. Soweit die Klägerin einen „Begründungsmangel“ betreffend die Negativfeststellung behauptet, wonach nicht festgestellt werden könne, dass der Ausschreibungsfehler der Beklagten auf deren Fehlverhalten oder ein Übersehen von ihr zurückzuführen wäre, zeigt sie nicht die Relevanz auf. Ist der Beklagten, die mit der Erstellung von Ausschreibungsunterlagen von der Klägerin betraut wurde, ein Ausschreibungsfehler unterlaufen, steht die Rechtswidrigkeit des Verhaltens der Beklagten fest. Für das Verschulden gilt bei einem Schadenersatzanspruch aus einer Vertragsverletzung die Beweislastumkehr des § 1298 ABGB. Der Schädiger hat zu behaupten und zu beweisen, dass ihn an der Nichterfüllung seiner vertraglichen Pflicht kein Verschulden trifft (RS0018309 [T4]; RS0022686). Die von der Klägerin bemängelte Negativfeststellung zum Verschulden geht damit zu Lasten der Beklagten, sodass diese ihr fehlendes Verschulden am Ausschreibungsfehler nicht erwiesen hat. Daraus ist aber für die Klägerin im Ergebnis nichts zu gewinnen, wie sich aus den Ausführungen zu Punkt 2.2. ergibt.

[5] 2.1. Zur Position Bodenbelagsarbeiten (Firma P*****) erachtete das Berufungsgericht die Berufung der Klägerin als nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil keine konkreten Feststellungen angeführt wurden, die zu einem für sie günstigeren rechtlichen Ergebnis führen könnten. Wenn die Klägerin in der Revision nur ihre Berufungsargumente wiederholt, tritt sie dieser Einschätzung des Berufungsgerichts nicht substantiell entgegen, weshalb zu diesem Themenkomplex eine sachliche Überprüfung nicht vorzunehmen ist (vgl RS0043231). Abgesehen davon übergeht die Revisionswerberin, dass nach den Feststellungen die Mindestzeit für die Estrichtrocknung aufgrund der knappen Bauzeit jedenfalls nicht hätte eingehalten werden können.

[6] 2.2. Nach den Feststellungen des Erstgerichts lag die Ursache für die Notwendigkeit der Aufbringung eines Spezialklebers auf den von der Firma M***** gemieteten Flächen in der erst am 18. 12. 1998 durch den damaligen Geschäftsführer der Klägerin getroffenen Entscheidung, welcher Estrich zur Ausführung gelangen soll und nicht im Ausschreibungsfehler der Beklagten. Nicht festgestellt werden konnte, dass diese späte Entscheidung der Klägerin auf eine Verzögerung oder ein Fehlverhalten der Beklagten zurückzuführen sei. Damit konnte die beweispflichtige Klägerin (RS0022686) die Kausalität des Ausschreibungsfehlers der Beklagten für den insofern geltend gemachten Schaden nicht beweisen.

[7] 3. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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