JudikaturOGH

1Ob112/21h – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Juni 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ. Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer Zeni Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Verfahrenshilfesache des Antragstellers U***** B*****, über dessen Rekurs gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 19. April 2021, AZ 14 R 152/20f, 14 R 43/21b, mit dem aus Anlass der Rekurse des Antragstellers gegen die Beschlüsse des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 7. September 2020, GZ 31 Nc 28/20m 3, und vom 29. September 2020, GZ 31 Nc 28/20m 6, über ihn eine Ordnungsstrafe verhängt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Dem Rekurs vom 12. Mai 2021 wird nicht Folge gegeben.

2. Der Rekurs vom 28. Mai 2021 wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Mit dem angefochtenen Beschluss verhängte das Rekursgericht in Spruchpunkt 1. über den Antragsteller wegen beleidigender Äußerungen in seinen – gegen einen Verbesserungsauftrag und gegen die Abweisung seines Verfahrenshilfeantrags gerichteten – Rekursen eine Ordnungsstrafe in der Höhe von 200 EUR (zweimal 100 EUR).

[2] Der dagegen erhobene Rekurs des Antragstellers vom 12. 5. 2021 ist zulässig (RIS Justiz RS0036270), aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

[3] 1. § 86 ZPO ordnet an, dass gegen eine Partei, welche die dem Gericht schuldige Achtung durch beleidigende Ausfälle verletzt, eine Ordnungsstrafe zu verhängen ist. Der Regelungszweck dieser Bestimmung liegt in der Wahrung einer sachlichen und unpersönlichen Ausdrucksweise (RS0036327 [T3]). Selbst eine sachlich berechtigte Kritik – die hier allerdings nicht zu sehen ist – kann wegen ihrer beleidigenden und/oder ausfälligen Form die dem Gericht schuldige Achtung verletzen und eine Beleidigung im Sinn der genannten Bestimmung darstellen (RS0036308), wobei nach einem objektiven Maßstab zu beurteilen ist, ob eine solche vorliegt (RS0036256; RS0036303).

[4] Der Antragsteller führte in seinem Rekurs gegen den ihm von der Erstrichterin erteilten Verbesserungsauftrag aus: „Offensichtlich sind Sie mit der ordnungsgemäßen Durchführung eines zivilrechtlichen Gerichtsverfahrens überfordert. Falsche bzw gänzlich fehlende Angaben im Rubrum lassen erhebliche Zweifel an Ihren richterlichen Befugnissen aufkommen. Ich erwarte einen den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden Beschluss bis spätestens Freitag, den 2. 10. 20.“ Im Rekurs gegen den Beschluss, mit dem sein Verfahrenshilfeantrag abgewiesen worden war, kritisierte er nicht näher ausgeführte „Merkwürdigkeiten betreffend falscher bzw gänzlich fehlender Angaben im Rubrum“ und wiederholte seine „erheblichen Zweifel“ an den „richterlichen Befugnissen“ der Erstrichterin.

[5] Diese Äußerungen des Rekurswerbers gehen über die zur Dartuung der Rekursgründe notwendigen Ausführungen deutlich hinaus und erfüllen den Tatbestand des § 86 ZPO. Zutreffend führte das Oberlandesgericht Wien aus, sowohl die Unterstellung, die Erstrichterin sei „mit der ordnungsgemäßen Durchführung eines zivilrechtlichen Gerichtsverfahrens überfordert“, als auch die geäußerten „erheblichen Zweifel an ihren richterlichen Befugnissen“ (gemeint offenbar: Befähigungen) bewegten sich auf der Ebene unsachlicher Beleidigungen, die nur darauf abzielten, die Erstrichterin persönlich anzugreifen, ohne zu konkretisieren, welche Fehler sie begangen haben soll. Die vom Antragsteller verwendete Diktion kann im Interesse eines objektiven und emotionslos geführten Verfahrens nicht hingenommen werden. Das Oberlandesgericht Wien hat daher zu Recht eine Ordnungsstrafe – ohnehin im unteren Bereich des Strafrahmens (§ 220 Abs 1 ZPO) – verhängt.

[6] 2. Der weitere, erst nach Ablauf der 14 tägigen Rekursfrist (§ 521 Abs 1 Satz 1 ZPO) erhobene Rekurs des Antragstellers vom 28. 5. 2021 verstößt zudem gegen den Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels (RS0041666) und ist daher zurückzuweisen.

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