1Ob21/21a – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ. Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer Zeni Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Außerstreitsache des Antragstellers J***** S*****, vertreten durch Dr. Manfred Harrer, Rechtsanwalt in Linz, gegen die Antragsgegner 1. Land Oberösterreich, Linz, Bahnhofplatz 1, und 2. Gemeinde F*****, beide vertreten durch Dr. Thomas J. A. Langer, Rechtsanwalt in Linz, wegen Abänderung der zu AZ 1 Nc 6/13p (gegenüber dem Land) und AZ 1 Nc 7/13k (gegenüber der Gemeinde) festgesetzten Enteignungsentschädigung, über den (außerordentlichen) Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 12. November 2020, GZ 3 R 92/20z 8, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Wels vom 18. Juni 2020, GZ 1 Nc 3/20g 4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
1. Das unterbrochene Revisionsrekursverfahren wird fortgesetzt.
2. Der Revisionsrekurs im Verfahren über die beantragte Abänderung der gegenüber dem Land Oberösterreich zu AZ 1 Nc 6/13p des Erstgerichts festgesetzten Enteignungsentschädigung wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
3. Im Übrigen wird der Akt dem Erstgericht zurückgestellt.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Zur Fortsetzung des Revisionsrekursverfahrens:
[2] Das wegen der Ablehnung des Erstrichters unterbrochene Revisionsrekursverfahren (1 Ob 21/21a vom 2. 3. 2021) ist nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung darüber (23 Nc 22/21i des Landesgerichts Wels) fortzusetzen.
[3] 2. Zum Antrag auf Abänderung der gegenüber dem Land ergangenen Entscheidung:
[4] 2.1. Der Antragsteller begehrt die Abänderung der mit 34.825,40 EUR festgesetzten Entschädigung dahin, dass sie mit 66.000 EUR bemessen wird.
[5] 2.2. Eine Entscheidung über die neuerliche Ablehnung eines Richters des Rekursgerichts im Revisionsrekursverfahren (wegen eines Umstands, der dem Antragsteller bereits seit Jahren bekannt ist und zudem vom Obersten Gerichtshof damals nicht als Ausschlussgrund qualifiziert wurde [s 1 Ob 67/17k]) kommt nicht in Betracht. Der Antragsteller hat in dieser Rechtssache bereits im Rekursverfahren alle Richter des Rekursgerichts erfolglos abgelehnt (OGH 7 Nc 18/20m).
[6] 2.3. Der Antragsteller behauptet in seinem Revisionsrekurs eine (bereits im Rekurs ins Treffen geführte) Befangenheit des Erstrichters und leitet daraus (erkennbar) einen schweren Mangel des Verfahrens erster und zweiter Instanz im Sinn des § 66 Abs 1 Z 1 AußStrG iVm § 58 Abs 4 Z 1 AußStrG ab. Ein solcher läge aber nur dann vor, wenn der Erstrichter erfolgreich abgelehnt worden wäre (vgl RIS Justiz RS0042046 [insb T4]). Dies ist hier nicht der Fall, wurde doch die vom Antragsteller erklärte Ablehnung des Erstrichters rechtskräftig zurückgewiesen. Die Ausführungen im Revisionsrekurs, wonach das Rekursgericht die angebliche Befangenheit des Erstrichters nicht beachtet habe, gehen daher ins Leere.
[7] 2 .4. Ob im Einzelfall ein Vorbringen zur Darstellung eines Wiederaufnahmsgrundes ausreicht oder nicht, stellt regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO dar, soweit nicht eine klare Fehlbeurteilung vorliegt, die aus Gründen der Rechtssicherheit zu korrigieren wäre (vgl RS0044411 [T19]). Dies gilt auch für das Abänderungsverfahren nach den §§ 73 ff AußStrG (RS0044411 [T13, T21]).
[8] Eine derartige Fehlbeurteilung kann der Revisionsrekurswerber mit der schlichten Behauptung, „nach der Bestätigung“ [zweier Zeugen] stehe die „Baulandeigenschaft“ (des zu entschädigenden Grundes) „fest“, keinesfalls darlegen. Das Rekursgericht hat es (insoweit ohnehin schon zu seinen Gunsten) zu diesem Beweis durch Zeugen zumindest für möglich gehalten, dass der Antragsteller „auch erst kürzlich“ in die Lage versetzt worden sein könnte, ihn zu benützen. Es hat aber einen darauf gegründeten Erfolg des Rechtsmittels mit der Überlegung verneint, dass er in seinem Abänderungsantrag nicht dargelegt habe, welche anderen – im Vergleich zu den in der abzuändernden Entscheidung festgestellten – Tatsachen durch eine Beweisaufnahme festzustellen gewesen wären, die in weiterer Folge zu einer geänderten Beurteilung der Rechtsfrage (RS0007824) führen könnten, ob eine Liegenschaft als landwirtschaftlich genutztes Grünland, als Bauerwartungs (Bauhoffnungs )land oder als Bauland zu bewerten ist. Wenn sich der Antragsteller mit diesen Erwägungen des Rekursgerichts in seinem Revisionrekurs überhaupt nicht auseinandersetzt, kann er eine erhebliche Rechtsfrage nicht aufzeigen.
[9] Die Vorinstanzen sind zur Fristwahrung ohne Fehlbeurteilung davon ausgegangen, dass die die Abänderung beantragende Partei gemäß § 75 Abs 1 Z 3 AußStrG die Umstände anführen muss, aus denen sich die Einhaltung der Frist nach § 74 AußStrG ergibt ( Kodek in Gitschthaler/Höllwerth , AußStrG I² § 75 Rz 5). Mit der (erstmals und damit ohnehin unter Verstoß gegen das Neuerungsverbot [s nur 1 Ob 10/17b mwN]) im Revisionrekurs (und nur) zu einer Urkunde vage in den Raum gestellten Behauptung, diese Urkunde sei ihm „nun“ bekanntgeworden, kann er gegen die vom Rekursgericht vorgenommene Beurteilung keinerlei Bedenken wecken. Auch auf die – im Übrigen ohne Sachsubstrat bleibenden – Ausführungen zur Berücksichtigung der Trassenführung als Vorwirkung der Enteignung ist wegen des Verstoßes gegen das Neuerungsverbot nicht einzugehen.
[10] 2.5. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).
[11] 3. Zum Antrag auf Abänderung der gegenüber der Gemeinde ergangenen Entscheidung:
[12] 3.1. Gegenüber der Gemeinde möchte der Antragsteller erreichen, dass die Entschädigung mit 14.400 EUR (also um 7.773 EUR höher) festgesetzt wird.
[13] Wenn – wie hier – der Entscheidungsgegenstand des Rekursgerichts an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht den Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat (§ 59 Abs 1 Z 2 AußStrG), ist der außerordentliche Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig (§ 62 Abs 3 AußStrG). Wird dennoch ein Revisionsrekurs eingebracht, so hat das Erstgericht diese Eingabe dem Rekursgericht vorzulegen, weil derartige Rechtsmittel in der Regel als Anträge im Sinn des § 63 AußStrG zu werten sind; allenfalls ist vorher ein Verbesserungsverfahren einzuleiten (RS0109503).
[14] Dem Obersten Gerichtshof kommt damit – mangels Überschreitung der maßgeblichen Wertgrenze – im derzeitigen Verfahrensstadium keine Entscheidungskompetenz zu (so bereits 1 Ob 21/21a vom 2. 3. 2021 Rn 4, 7 ff).