JudikaturOGH

11Os61/21m – OGH Entscheidung

Entscheidung
21. Juni 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Juni 2021 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in der Strafsache gegen Asret B***** und Jelena G***** wegen des Verbrechens der Erpressung nach § 144 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten B***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 4. März 2021, GZ 32 Hv 89/20w 39, weiters über dessen Beschwerde gegen einen Beschluss gemäß § 494a StPO nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz OGH-Geo 2019 zu Recht erkannt:

Spruch

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B***** sowie aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch II./ in Ansehung beider Angeklagter, demgemäß auch in den Strafaussprüchen, in den mit diesem Schuldspruch jeweils zusammenhängenden Aussprüchen über die privatrechtlichen Ansprüche und über den Verfall auf gehoben, weiters auch der Beschluss gemäß § 494a StPO hinsichtlich B*****, eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen .

Mit der Nichtigkeitsbeschwerde im Übrigen, mit der Berufung und der Beschwerde wird der Angeklagte B***** auf die Aufhebung verwiesen.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen – auch unbekämpft gebliebene Schuldsprüche der Mitangeklagten enthaltenden – Urteil wurde Asret B***** des Verbrechens der Erpressung nach § 144 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 27. Dezember 2019 in W***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Jelena G***** Walter N***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz durch die telefonische Ankündigung, es werde ansonsten „etwas Schlimmes“ passieren, somit durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Verletzung am Körper, zu einer Handlung, die diesen am Vermögen schädigte, genötigt, nämlich zur Übergabe von 100.000 Euro Bargeld.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen wendet sich der Angeklagte mit auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützter, gegen den Verfallsausspruch mit auf § 281 Abs 1 Z 11 StPO gestützter Nichtigkeitsbeschwerde.

[4] A ufgrund der zutreffenden Ausführungen der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall), wonach das angefochtene Urteil eine Begründung der A nnahme, die Äußerung, „etwas Schlimmes“ werde passieren, sei „im konkreten Zusammenhang“ zumindest als Androhung einer Körperverletzung zum Nachteil des Walter N***** zu verstehen (US 8), vermissen lässt, ist (mangels Kompetenz des Obersten Gerichtshofs zu eigener – ergänzender – Beweiswürdigung) die Aufhebung des Schuldspruchs II./ unvermeidbar (§ 285e StPO).

[5] Derselbe (vom Beschwerdeführer erfolgreich geltend gemachte) Gru nd kommt auch der Mitangeklagten G*****, die keine Nichtigkeitsbeschwerde ergriffen hat, zustatten. Es war daher von Amts wegen so vorzugehen, als wäre der Nichtigkeitsgrund (auch zu ihren Gunsten) geltend gemacht worden (§ 290 Abs 1 zweiter Satz zweiter Fall StPO).

[6] Die gänzliche Aufhebung des Schuldspruchpunkts II./, demgemäß der Strafaussprüche und der mit II./ in Zusammenhang stehenden Verfallsaussprüche und Privatbeteiligtenzusprüche (dazu RIS Justiz RS0101311) war Folge dieser Entscheidung.

[7] D er Angeklagte B***** war mit seiner den Verfallsausspruch betreffenden Nichtigkeitsbeschwerde, der Berufung und der Beschwerde auf die Aufhebung zu verweisen.

[8] Es verbleibt – mit Blick auf den zweiten Rechtsgang – anzumerken, dass dem Verfall unterliegende Vermögens- und Ersatzwerte (§ 20 Abs 1, Abs 2 StGB) sowie der Wertersatz (§ 20 Abs 3 StGB) nur dem tatsächlichen Empfänger abgenommen werden (RIS Justiz RS0129964) dürfen und durch das Gewaltschutzgesetz 2019 BGBl I 2019/105 weder die Rückfallsvoraussetzungen noch der Umfang der Erweiterung des Strafrahmens des § 39 Abs 1 StGB (zu dessen Einordnung idF vor BGBl I 2019/105 [auch] als Strafrahmenvorschrift siehe 13 Os 44/09h, SSt 2009/52) verändert wurden (13 Os 28/20x, 15 Os 8/21x, 11 Os 56/21a).

Rückverweise