JudikaturOGH

11Os59/21t – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Mai 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Mai 2021 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter im Verfahren zur Unterbringung des Gerhard F***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 11. Februar 2021, GZ 60 Hv 72/20p 23, nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz OGH Geo 2019 den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde gemäß § 21 Abs 1 StGB die Unterbringung des Gerhard F***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angeordnet.

[2] Demnach hat er in W***** unter dem Einfluss eines seine Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht, nämlich eines organischen Psychosyndroms (als Folge eines Schädel-Hirn-Traumas) sowie einer organisch psychotischen Störung, an einer fremden Sache, und zwar zumindest an sämtlichen Einrichtungsgegenständen des ihm im Landespflege- und Betreuungszentrum „Schloss Haus“ zugewiesenen Zimmers, ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuersbrunst zu verursachen versucht, indem er

1./ am 16. September 2020 einen glühenden Zigarettenrest in seinem Bett deponierte,

2./ am 4. Oktober 2020

a./ Toilettenpapier entzündete und in einen Papierkorb warf, wodurch der dort eingelegte Müllsack schmolz und der Inhalt Feuer fing,

b./ versuchte, einen Kalender in Brand zu setzen, während Pflegerinnen mit der Löschung des im Punkt 2./a./ genannten Papierkorbs beschäftigt waren,

somit Taten begangen, die als die Ver brechen der Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB (je) mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht sind.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen.

[4] Bezugspunkt der Mängelrüge (Z 5), die nur dann gesetzmäßig ausgeführt ist, wenn sie die Gesamtheit der Entscheidungsgründe berücksichtigt (RIS-Justiz RS0119370, RS0116504), ist der Ausspruch des Schöffengerichts über entscheidende Tatsachen, also vorliegend über für die Begehung und Subsumtion der Anlasstaten sowie den in § 21 Abs 1 StGB beschriebenen Zustand relevante Tatsachen. Soweit die Beschwerde die subjektive Tatseite als unzureichend begründet kritisiert, eine Scheinbegründung zu orten vermeint, die Erörterung vermisst , „auf welcher Grundlage das Erstgericht zu dem Schluss gekommen ist, dass der Betroffene ein Feuer von beträchtlicher Dimension herbeiführen wollte“, während aufgrund dessen Aussage der „Schluss nahe[liege], dass der Betroffene lediglich wollte, dass das Bett zu brennen beginnt“, übergeht sie die zu diesen Punkten angestellten Erwägungen des Erstgerichts zur Gänze (US 6–8). Im Übrigen ist – diesen ohnehin nur „grundsätzlich“ vorangestellt – die Ableitung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite aus dem objektiven Tatgeschehen (US 6) unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) nicht zu beanstanden (RIS Justiz RS0098671, RS0116882; Ratz , WK StPO § 281 Rz 452).

[5] Unter Bezugnahme auf die Feststellungen, wonach der Betroffene es zumindest ernstlich für möglich hielt und sich billigend damit abfand, an einer fremden Sache, nämlich zumindest innerhalb des ihm zugewiesenen Wohnbereichs im Pflegeheim an sämtlichen Einrichtungsgegenständen ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuersbrunst herbeizuführen (U S 4), behauptet die Beschwerde (Z 9 lit a, nominell auch Z 10), es liege weder in subjektiver noch in objektiver Hinsicht Brandstiftung vor, sondern sei „§ 125 StGB erfüllt“. Damit hält sie einerseits nicht an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe fest (RIS Justiz RS0099810), wonach der Betroffene, um mediale Aufmerksamkeit für die von ihm als schlecht empfundene Betreuung zu erlangen, an den Tattagen mehrfach Gegenstände mit dem Ziel in Brand setzte, das Gebäude „niederzubrennen“ (US 6 f), wobei das Feuer nur durch aufmerksam gewordenes Pflegepersonal gelöscht und eine Ausbreitung verhindert werden konnte (US 3 f [iVm US 7]), und leitet andererseits nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab (RIS Justiz RS0116565), weshalb im konkreten Fall der Eintritt der intendierten Feuersbrunst im Pflegeheim auf die vom Betroffenen vorgesehene Art bei generalisierender Betrachtung, somit losgelöst von den Besonderheiten des Einzelfalls, aus der ex-ante-Sicht eines über den Tatplan informierten verständigen Beobachters geradezu denkunmöglich sei (RIS-Justiz RS0115363, RS0102826).

[6] D ie Nichtigkeitsbeschwerde w ar daher bereits nach nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285d Abs 1 StPO).

Rückverweise