9ObA52/21v – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau und Hon. Prof. Dr. Dehn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Klaus Oblasser (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und KR Karl Frint (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei B*****GmbH, *****, vertreten durch Dr. Bruno Binder, Mag. Markus Miedl, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei ***** N*****, vertreten durch Dr. Ulrich Schwab, Dr. Georg Schwab, Rechtsanwälte in Wels, wegen Feststellung (Interesse: 24.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 30. März 2021, GZ 11 Ra 12/21w 18, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
[1] Die Vorinstanzen stellten fest, dass der Beklagte gegenüber der Klägerin für jeden Schaden und/oder Nachteil aus einem vertragswidrigen Geheimnisbruch durch Offenlegung bzw Bekanntgabe der Gehaltsvereinbarungen hinsichtlich bestimmter Mitarbeiterinnen haftet.
[2] In der Zulassungsbeschwerde seiner dagegen gerichteten außerordentlichen Revision trägt der Beklagte vor, ein Schadenersatzanspruch wie im gegenständlichen Fall setze voraus, dass künftig tatsächlich ein Schaden eintreten könne. Die den Mitarbeiterinnen in der Folge zugesagten allfälligen Prämienleistungen stünden unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der Freiwilligkeit dieser Leistungen und gewährten keinen Rechtsanspruch. Bei einer ins Belieben der Klägerin gestellten Leistung entfalle die Annahme eines Ersatzanspruchs des vermeintlich Geschädigten zur Gänze. Damit zeigt der Revisionswerber keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf.
Rechtliche Beurteilung
[3] Nach ständiger Rechtsprechung ist dann, wenn die Möglichkeit offen bleibt, dass ein schuldhaftes rechtswidriges Verhalten für einen künftigen Schadenseintritt ursächlich sein könnte, ein Feststellungsinteresse anzuerkennen (RS0038865). Klagen auf Feststellung der Ersatzpflicht für künftige Schäden sind selbst dann zulässig, wenn nur die Möglichkeit besteht, dass das schädigende Ereignis einen künftigen Schadenseintritt ermöglichen kann (RS0038976 [T33] ua). In jedem Fall, in dem die Ersatzpflicht für künftige Schäden festgestellt wird, kann sich die Feststellung notwendigerweise nur auf die des haftungsbegründenden Verhaltens, nicht aber auf die eines in Zukunft mit Sicherheit konkret zu erwartenden Schadens und des Bestehens des Kausalzusammenhangs beziehen (RS0038915). Ein Feststellungsinteresse wäre lediglich zu verneinen, wenn zukünftig eintretende Schäden aus einem bestimmten Schadensereignis schlechthin und absolut auszuschließen sind (RS0038865 [T1]; s auch RS0038971 [T4, T5]). Von letzterem kann hier in dieser Allgemeinheit nicht ausgegangen werden, sodass ein Feststellungsinteresse der Klägerin grundsätzlich zu Recht bejaht wurde.
[4] Das Vorbringen des Beklagten betreffend den Freiwilligkeitsvorbehalt der Prämienzusagen konnte bereits vom Berufungsgericht mangels erstinstanzlichen Vorbringens und entsprechender Feststellungen nicht berücksichtigt werden. Das gilt nicht anders für das Revisionsverfahren. Dass damit ein Fall der Culpa Kompensation gemäß § 878 S 3 ABGB begründet werden könnte, ist nicht ersichtlich. Eine weitere Rechtsfrage zeigt die Zulassungsbeschwerde nicht auf. Auf die Frage, ob die Klägerin mit den konkreten Prämienzusagen allenfalls ihre Schadensminderungspflicht verletzt hätte, ist danach nicht weiter einzugehen.
[5] Die außerordentliche Revision des Beklagten ist daher zurückzuweisen.