JudikaturOGH

8ObA30/21a – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. Mai 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann Prentner und Mag. Korn als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Stelzer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Gerald Fida (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei D***** M*****, vertreten durch Rainer Rück Rechtsanwälte GnbR in Innsbruck, gegen die beklagte Partei A***** G*****, vertreten durch Dr. Eva Maria Barki, Rechtsanwältin in Wien, wegen 2.992,13 EUR brutto sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom 25. März 2021, GZ 13 Ra 1/21a 17, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Die geltend gemachte Nichtigkeit und Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegen nicht vor.

[2] Eine behauptete mangelhafte Begründung des Urteils begründet keine Nichtigkeit nach § 477 Z 9 ZPO (RIS Justiz RS0042206).

[3] Haben die Vorinstanzen vermeintlich entscheidungswesentliche Tatsachenfeststellungen nicht getroffen, begründet dies keinen Verfahrensmangel, sondern gegebenenfalls einen im Rahmen der Rechtsrüge geltend zu machenden sekundären Feststellungsmangel (RS0110340).

[4] 2. Der Entscheidung des Berufungsgerichts haftet auch keine Aktenwidrigkeit an. Diese läge vor, wenn Verfahrenserklärungen oder Beweisergebnisse in der Begründung der Entscheidung abweichend vom Inhalt der Protokolle, Eingaben oder Beilagen wiedergegeben wurden. Die Gewinnung tatsächlicher Feststellungen und rechtlicher Interpretationen durch Schlussfolgerungen begründet keine Aktenwidrigkeit (RS0043397; RS0043189).

[5] 3. Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO bringt die Revision nicht zur Darstellung.

[6] Wie eine Erklärung im Einzelfall aufzufassen ist (hier: Wissenserklärung oder Einverständnis zu einem Anbot auf einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses), kann jeweils nur nach den besonderen Umständen des Einzelfalls beurteilt werden (RS0042555; RS0044358 [T31], RS0042936 [T26, T57]). Maßgeblich ist, ob nach dem objektiven Erklärungswert des Verhaltens eine die Rechtslage gestaltende Erklärung mit Bindungswirkung vorliegt (RS0102748). Im Zweifel liegt bei einem bloßen Hinweis keine auf Rechtsgestaltung gerichtete Willenserklärung vor (RS0102748).

[7] Eine Einzelfallentscheidung ist für den Oberster Gerichtshof nur dann überprüfbar, wenn im Interesse der Rechtssicherheit ein grober Fehler bei der Auslegung der anzuwendenden Rechtsnorm korrigiert werden müsste (RS0044088 [T8, T9]). Dies ist hier nicht der Fall. Der Kläger hat die per Messenger erhaltene Mitteilung der Beklagten, dass sie ihn „mit heutigem Tag“ abmelden müsse, er sich arbeitslos melden solle und dazu seine E-Card benötige, mit „In Ordnung“ beantwortet. Die Auslegung der Vorinstanzen, dass es sich dabei objektiv um eine Bestätigung der Kenntnisnahme der Beendigungserklärung der Dienstgeberin samt weiteren Verhaltensempfehlungen handelte, aber nicht um eine Willensäußerung des Klägers, seinerseits das Dienstverhältnis einvernehmlich auflösen zu wollen, erweckt nach dem Sachverhalt keine Bedenken.

[8] 4. Auch nach dem erstinstanzlichen Vorbringen der Beklagten wurde das Dienstverhältnis im März 2020 jedenfalls beendet. Soweit die Revision nunmehr von einer bloßen Karenzierungsvereinbarung ausgeht, verstößt sie gegen das im Rechtsmittelverfahren geltende Neuerungsverbot.

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