JudikaturOGH

1Ob82/21x – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Mai 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ. Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer Zeni Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** G*****, vertreten durch MMag. Dr. Susanne Binder Novak, Rechtsanwältin in St. Pölten, gegen die beklagte Partei L***** N*****, vertreten durch die Urbanek Lind Schmied Reisch Rechtsanwälte OG, St. Pölten, wegen 132.355,20 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 12. März 2021, GZ 15 R 158/20w 69, mit dem das Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 22. Oktober 2020, GZ 3 Cg 58/17y 65, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Das Berufungsgericht verneinte im ersten Rechtsgang (abschließend) eine Verletzung der Aufklärungspflicht des beklagten Krankenhausträgers. Beim Kläger habe sich ein Behandlungsrisiko verwirklicht, das sich nur extrem selten und unter ganz bestimmten Umständen ( etwa im Zusammenhang mit einer genetisch bedingten, nicht vorhersehbaren Überempfindlichkeit gegenüber ionisierenden Strahlen) realisiere, weshalb keine Aufklärungspflicht über dieses Risiko bestanden habe. Diese Beurteilung auf der Grundlage der im ersten Rechtsgang getroffenen Feststellungen bekämpft der Kläger im Revisionsverfahren nicht.

[2] 2. Eine von einem Rechtsmittelgericht angeordnete Verfahrensergänzung ist nur innerhalb der Schranken des § 496 Abs 2 ZPO vorzunehmen (RIS Justiz RS0042031 [T18]; RS0042411). Auch wenn gemäß § 496 Abs 1 Z 3 ZPO mit einer Aufhebung vorgegangen wird, können abschließend erledigte Streitpunkte nicht wieder aufgerollt werden (RS0042031; RS0042014 [T3]; RS0042411; RS0042435 [T7]). Eine Durchbrechung dieses Grundsatzes wird nur für Tatsachen anerkannt, die erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung im vorangegangenen Rechtsgang entstanden sind (RS0042014 [T2]; RS0042031 [T3, T19]; RS0042411 [T2]). Das Verfahren im weiteren Rechtsgang ist stets auf den von der Aufhebung (ausdrücklich) betroffenen Teil zu beschränken (RS0042411; RS0042031 [T4]).

[3] Das Berufungsgericht hob das erstinstanzliche Urteil im ersten Rechtsgang nur deshalb auf, weil das Erstgericht zur Beurteilung, ob die Nachsorge und Nachbehandlung des Klägers lege artis erfolgt ist, kein HNO Sachverständigengutachten eingeholt und dazu auch keine Feststellungen getroffen hatte. Fragen der Nachbehandlung spricht der Revisionswerber nicht (mehr) an.

[4] Auch wenn das im zweiten Rechtsgang eingeholte HNO Sachverständigengutachten allenfalls weitere fachliche Erkenntnisse zur Frage der behaupteten Aufklärungspflichtverletzung erbracht hätte, liegen jedenfalls keine neuen Tatsachen vor, die erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtsgang entstanden wären und deshalb neu vorgebracht werden könnten (s auch 9 Ob 7/05b; RS0042458 [insbesondere T5]). Welche Bedeutung es haben sollte, dass mit dem neuen Beweismittel Umstände vorlägen, die nach Ansicht des Klägers einem Wiederaufnahmegrund „gleichkommen“, ist nicht erkennbar. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, es habe den in sich geschlossenen Tatsachenkomplex, der für die Beurteilung der verneinten Verletzung der Aufklärungspflicht der Beklagten von Bedeutung gewesen sei , bereits abschließend im ersten Rechtsgang erledigt, hält sich im Rahmen der zitierten Rechtsprechung und ist nicht korrekturbedürftig.

[5] 3. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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