9Ob19/21s – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau, Hon. Prof. Dr. Dehn, Dr. Hargassner und Mag. Korn in der Rechtssache der klagenden Partei ***** H*****, vertreten durch Gibel Zirm Rechtsanwälte GmbH Co KG in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. ***** C*****, vertreten durch Dr. Margit Kaufmann, Rechtsanwältin in Wien, 2. ***** U*****, wegen Aufkündigung, infolge der außerordentlichen Revision der erstbeklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 20. Jänner 2021, GZ 38 R 210/20v 30, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Akt wird dem Erstgericht zur Zustellung des Urteils des Berufungsgerichts an die zweitbeklagte Partei und zur erneuten Vorlage nach Ablauf der Rechtsmittelfrist, gegebenenfalls samt erhobenem Rechtsmittel, zurückgestellt.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] Die Vorlage der außerordentlichen Revision des Erstbeklagten ist verfrüht.
[2] Ist ein Objekt – wie hier – an mehrere Personen als Mitmieter in Bestand gegeben, so ist ein solches Mitmietverhältnis oder Gesamtmietverhältnis ein einheitliches, demnach ungeteiltes Mietverhältnis und besteht nicht etwa aus mehreren konkurrierenden Mietverhältnissen (RS010118 [insb T2, T3, T7, T8]; 7 Ob 189/17w). Mehrere Mitmieter bilden eine Rechtsgemeinschaft bürgerlichen Rechts nach § 825 ABGB und bilden im Kündigungsprozess eine notwendige Streitgenossenschaft im Sinn des § 14 ZPO (RS0013160; RS0013416 [T6, T19]), weil sich die Wirkung des zu fällenden Urteils kraft der Beschaffenheit des streitigen Rechtsverhältnisses auf sämtliche Streitgenossen erstreckt (RS0013160 [T10]).
[3] Die sachliche Erledigung mehrerer von verschiedenen Streitgenossen erhobener Rechtsmittel hat in einer einheitlichen Entscheidung zu erfolgen (RS0035432 [T1]; 7 Ob 189/17w). Sind einzelne Streitgenossen säumig, so erstreckt sich nach § 14 Satz 2 ZPO zwar die Wirkung der Prozesshandlungen der tätigen Streitgenossen auch auf sie. Die Entscheidung über das Rechtsmittel des einen der einheitlichen Streitgenossen bzw die Entscheidung aus Anlass dieses Rechtsmittels ist aber vor der Zustellung der angefochtenen Entscheidung an den anderen notwendigen Streitgenossen bzw vor dem ungenützten Verstreichen der diesem offenstehenden Rechtsmittelfrist verfrüht (RS0035432, 7 Ob 189/17w). Wird – wie hier – eine erstgerichtliche Entscheidung nicht von allen notwendigen Streitgenossen angefochten, ist dennoch die Rechtsmittelentscheidung allen Streitgenossen zuzustellen, weil jedem von ihnen ein Rechtsmittel auch gegen die zweitinstanzliche Entscheidung zusteht (7 Ob 189/17w).
[4] Das Berufungsurteil ist daher dem Zweitbeklagten als notwendigem Streitgenossen zuzustellen und der Akt nach Verstreichen der dem Zweitbeklagten offenstehenden Rechtsmittelfrist wieder vorzulegen.