8Ob55/21b – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann Prentner und Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Wessely Kristöfel als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen 1. L*****, geboren ***** 2007, und 2. C*****, geboren ***** 2010, beide vertreten durch die Mutter Mag. S*****, diese vertreten durch Dr. Christine Kolbitsch, Rechtsanwältin in Wien, wegen Unterhalt, über den „außerordentlichen Revisionsrekurs“ des Vaters W*****, vertreten durch Mag. Thomas Lechner, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 23. Februar 2021, GZ 48 R 34/21m 63, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Döbling vom 25. November 2020, GZ 10 Pu 8/15y 55, teilweise abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung:
[1] Das Erstgericht verpflichtete den Vater für den Zeitraum 1. 9. 2018 bis 30. 11. 2020 zur Zahlung eines Unterhaltsrückstands von 4.232 EUR für den älteren Sohn und 2.394 EUR für den jüngeren Sohn und ab 1. 12. 2020 zu einem laufenden monatlichen Unterhalt von jeweils 490 EUR pro Kind.
[2] Über Rekurs des Vaters setzte das Rekursgericht den laufenden Unterhaltsanspruch der beiden Minderjährigen gegenüber dem Vater ab 1. 12. 2020 bis auf weiteres monatlich mit je 361 EUR fest und wies das monatliche Mehrbegehren ab. Im Übrigen ging es davon aus, dass der Vater den Beschluss des Erstgerichts in Ansehung des festgesetzten Unterhaltsrückstands unbekämpft ließ. Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
[3] Dagegen, und zwar soweit das Rekursgericht keine Entscheidung über den Unterhaltsrückstand getroffen hat, richtet sich das als „außerordentlicher Revisionsrekurs“ bezeichnete Rechtsmittel des Vaters, das das Erstgericht dem Obersten Gerichtshof unmittelbar zur Entscheidung vorlegte.
Rechtliche Beurteilung
[4] Diese Aktenvorlage ist verfehlt.
[5] 1. Nach § 62 Abs 3 und 4 AußStrG ist der Revisionsrekurs, soweit der Entscheidungsgegenstand rein vermögensrechtlicher Natur ist, jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht den Revisionsrekurs nicht für zulässig erklärt hat (§ 59 Abs 1 Z 2 AußStrG). Unter diesen Voraussetzungen kann eine Partei nur einen Antrag an das Rekursgericht (Zulassungsvorstellung gemäß § 63 Abs 1 und 2 AußStrG) stellen, den Zulässigkeitsausspruch dahin abzuändern, dass der Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde; mit dieser Zulassungsvorstellung ist der ordentliche Revisionsrekurs zu verbinden.
[6] Der Anspruch des Kindes auf Unterhalt ist rein vermögensrechtlicher Natur im Sinn des § 62 Abs 4 AußStrG (RIS Justiz RS0007110 [T32]).
[7] 2. Für die Bewertung des Entscheidungsgegenstands des Rekursgerichts im Unterhaltsbemessungsverfahren ist der 36 fache Betrag jenes monatlichen Unterhaltsbetrags maßgeblich, der zum Zeitpunkt der Entscheidung zweiter Instanz zwischen den Parteien noch strittig war. Der Rückstand ist der dreifachen Jahresleistung nicht hinzuzurechnen (RS0122735; RS0103147). Im Unterhaltsverfahren ist der Wert des Entscheidungsgegenstands des Rekursgerichts für jedes Kind einzeln zu beurteilen (RS0112656). Die Unterhaltsansprüche mehrerer Kinder beruhen nämlich nicht auf demselben tatsächlichen und rechtlichen Grund, sondern stellen nur gleichartige, auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Ansprüche dar; eine Zusammenrechnung findet daher nicht statt (RS0112656 [T2]; RS0017257).
[8] 3. Ausgehend vom jeweils 36 fachen der Differenz zwischen dem vom Erstgericht zugesprochenen und vom Vater im Rekurs zuerkannten, also in zweiter Instanz noch strittigen laufenden Unterhaltsbetrag von 129 EUR pro Kind übersteigt der Wert des Entscheidungsgegenstands nicht 30.000 EUR.
[9] Das Rechtsmittel wäre daher nicht dem Obersten Gerichtshof, sondern vielmehr dem Rekursgericht vorzulegen gewesen. Dies gilt auch, wenn das Rechtsmittel – wie hier – als „außerordentliches“ bezeichnet wird und direkt an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist (RS0109623 [T13]).
[10] Ob der dem Rekursgericht vorzulegende Schriftsatz den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RS0109516 [T10]).