7Ob28/21z – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätin und die Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, MMag. Matzka und MMag. Sloboda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** R*****, vertreten durch Mag. Zvonimir First, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. K***** OG, 2. Mag. E***** K*****, 3. Mag. T***** K***** und 4. Mag. A***** K*****, alle vertreten durch Mag. Andreas Jeidler, Rechtsanwalt in Oberpullendorf, wegen 34.967,16 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. November 2020, GZ 13 R 53/19p 23, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Die behaupteten Mängel des Berufungsverfahrens wurden geprüft; sie liegen nicht vor.
[2] Das bloße Unterbleiben der Bestreitung einer Tatsachenbehauptung reicht für sich allein für die Annahme eines Tatsachengeständnisses nicht aus ( RS0039955 [T3]; RS0039941 [T5]).
[3] Ob eine vom Berufungsgericht seiner Erledigung der Beweisrüge zugrunde gelegte Auffassung, eine Tatsachenrüge sei gesetzmäßig ausgeführt oder nicht, richtig sei, bildet regelmäßig keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung (vgl RS0041835 [T6]).
[4] 2.1. Dass ein Aufklärungsfehler der Erstbeklagten vorlag, wurde bereits im ersten Rechtsgang geklärt, in dem auch die dem Berufungsgericht unterlaufene Aktenwidrigkeit in Ansehung der Feststellung, wonach der beratende Rechtsanwalt Bedenken gegen die gesamte Vertragskonstruktion hatte, saniert wurde.
[5] 2.2. Die Ansicht des Berufungsgerichts, der Aufklärungsfehler sei nicht für einen Schaden des Klägers kausal geworden, ist eine aus den getroffenen (Negativ-) Feststellungen (es könne nicht festgestellt werden, dass der Kläger und der zweite Geschäftsführer im Fall einer ausreichenden Aufklärung durch den beratenden Anwalt der Erstbeklagten, insbesondere über mögliche strafrechtliche Konsequenzen, den Kaufvertrag unterfertigt hätten oder nicht) abgeleitete rechtliche Schlussfolgerung; wird – wie hier – deren Richtigkeit bekämpft, liegt keine (in einem Widerspruch von tatsächlichen Annahmen des Gerichts zum Akteninhalt bestehende) Aktenwidrigkeit vor ( RS0043256 [T2]; RS0043347 [T21]; RS0043324 ). Im Übrigen kann der Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit nicht als Ersatz für eine im Revisionsverfahren unzulässige Beweisrüge herangezogen werden ( RS0117019 )
; Beweiswürdigung und Feststellungen der Tatsacheninstanzen sind im
Revisionsverfahren nicht mehr
anfechtbar ( RS0069246 ).
[6] 3.1. Der Geschädigte hat den Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten des Schädigers und dem Schadenseintritt zu behaupten und zu beweisen ( RS0106890 [T31], RS002268 6 [T2]). Hängt der Erfolg der Schadenersatzklage gegen einen Rechtsanwalt oder Notar davon ab, ob dem Kläger durch einen Beratungsfehler ein Schaden entstanden ist, so muss das Gericht den mutmaßlichen Verlauf der Geschehnisse unter der Voraussetzung ermitteln, dass sich der Anwalt oder Notar richtig verhalten hätte ( RS0022706 [T8], RS0023549 [T29]). Geht es bei dieser hypothetischen Beurteilung um die Klärung strittiger Tatfragen, ist das Ergebnis dieser Prüfung als in dritter Instanz unanfechtbare Tatsachenfeststellung zu werten
; wenn es um die rechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhalts geht, ist die Beurteilung des hypothetischen Verlaufs als – grundsätzlich revisible – Rechtsfrage anzusehen (vgl RS0022706 [T13]).
[7] 3.2. Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt vermag der Kläger keine Umstände aufzuzeigen, warum der Ansicht des Berufungsgerichts, wonach angesichts der nunmehr vom Berufungsgericht getroffenen, oben zu Pkt 2. wiedergegebenen Negativfeststellung ein allfälliger Beratungsfehler der Erstbeklagten für Schäden des Klägers nicht kausal geworden wäre und für diesen daher nicht gehaftet wird, eine erhebliche Fehlbeurteilung zugrundeliegen sollte.
[8] Soweit die Revision argumentiert, dass das Berufungsgericht eine andere Feststellung zur Kausalität zu treffen gehabt hätte, führt sie unzulässigerweise beweiswürdigende Überlegungen gegen die vom Berufungsgericht zum Ausdruck gebrachte Überzeugung ins Treffen, der Kläger und der als Zeuge vernommene zweite Geschäftsführer seien nicht glaubwürdig gewesen.
[9] 3.3. Die genannte Negativfeststellung betrifft nach ihrem klaren Wortlaut auch Aufklärungen über andere als strafrechtliche Folgen der geplanten Transaktion, und damit auch die in der Revision einzig noch angesprochene Frage der Haftung der den Hotelbetrieb übernehmenden Gesellschaft für Verbindlichkeiten der abtretenden Gesellschaft aufgrund Unternehmensfortführung; zudem begehrt der Kläger den Ersatz der Verteidigerkosten und die Revision selbst betont auch, dass die unterlassene Aufklärung über die strafrechtliche Relevanz der Vertragskonstruktion und die über den damit verbundenen Übergang der Verbindlichkeiten in untrennbarem Zusammenhang stünden. Sekundäre Feststellungsmängel werden in diesem Zusammenhang nicht aufgezeigt.
[10] 3.4. Die erstmals in der Revision gemachten Ausführungen, wonach der beratende Anwalt der Erstbeklagten mit späterem, erhobenen Forderungen und Klags- sowie Anzeigedrohungen beschwichtigendem Verhalten den Kläger von einer rechtzeitigen Schadenswiedergutmachung und tätiger Reue abgehalten hätte, verstoßen gegen das Neuerungsverbot; ein Eingehen darauf ist dem Obersten Gerichtshof verwehrt (RS0037612 [T3], RS0042025).
[11] 4. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).