JudikaturOGH

10ObS57/21m – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. April 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Univ. Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann und die fachkundigen Laienrichter Johannes Püller (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Karl Schmid (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch Dr. Ekkehard Erlacher, Dr. Renate Erlacher Philadelphy und Mag. Katharina Erlacher, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1200 Wien, Adalbert-Stifter-Straße 65, wegen Versehrtenrente, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom 4. Februar 2021, GZ 23 Rs 54/20t 26, womit das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 14. Oktober 2020, GZ 46 Cgs 116/20k 19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Die Vorinstanzen stellten fest, dass sich der Kläger bei seinem Sturz am 11. 1. 2019 eine Prellung der linken Schulter und des Rückens bei verschleißbedingtem Vorschaden zugezogen hat, nicht aber multiple Sehnenverletzungen. Auf Grundlage dieser Tatsachenfeststellungen wiesen die Vorinstanzen das auf Feststellung weiterer Verletzungen als Unfallfolge und auf Gewährung einer Versehrtenrente gerichtete Klagebegehren ab.

Rechtliche Beurteilung

[2] In seiner außerordentlichen Revision zeigt der Kläger keine Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung auf:

[3] 1. Ein vom Gericht zweiter Instanz verneinter Mangel des Verfahrens erster Instanz ist auch im Sozialrechtsverfahren in dritter Instanz nicht mehr mit Erfolg anfechtbar (RS0043061). Nur wenn sich die zweite Instanz mit einer Mängelrüge nicht befasst hätte, könnte ein Mangel des Berufungsverfahrens vorliegen (RS0043144). Das Berufungsgericht hat sich aber ausführlich mit den geltend gemachten angeblichen Mängeln des Verfahrens erster Instanz (Unterlassung der Einholung eines radiologischen Sachbefundes sowie eines gerichtsmedizinischen Gutachtens und mangelnde Einvernahme der behandelnden Ärzte) auseinandergesetzt.

[4] 2. Auch mit seinen Ausführungen zur vermeintlich unzutreffenden Verneinung eines Anscheinsbeweises durch das Berufungsgericht zeigt der Revisionswerber nicht die unrichtige Lösung einer Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf:

[5] 2.1 Die Regeln der objektiven Beweislast gelten auch im Verfahren vor dem Sozialgericht. Ein Anspruch kann nur bejaht werden, wenn die anspruchsbegründenden Tatsachen (hier: die Kausalität des Sturzes für den Eintritt der Sehnenverletzungen) erwiesen sind (10 ObS 5/10y).

[6] 2.2 Die Zulässigkeit des Anscheinsbeweises beruht hingegen darauf, dass bestimmte Geschehensabläufe typisch sind und es daher wahrscheinlich ist, dass auch im konkreten Fall ein derartiger gewöhnlicher Ablauf und nicht ein atypischer gegeben ist (RS0040266). Erforderlich ist eine typische formelhafte Verknüpfung zwischen der tatsächlich bewiesenen Tatsache und dem gesetzlich geforderten Tatbestandselement. Der Anscheinsbeweis darf nicht dazu dienen, Lücken der Beweisführung durch bloße Vermutungen auszufüllen (RS0040287).

[7] 2.3 Mit diesen Grundsätzen steht die Entscheidung des Berufungsgerichts in Einklang, auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts könne kein Tatbestand mit typischem formelhaften Geschehensablauf angenommen werden. Der Revisionswerber legt nicht nachvollziehbar dar, von welchen Sachverhaltselementen im Sinne eines typischen Geschehensablaufs auf den seiner Vorstellung nach gegebenen Kausalverlauf geschlossen werden könnte.

[8] 3. Die außerordentliche Revision ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

Rückverweise