11Os42/21t – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 20. April 2021 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in der Strafsache gegen Toumi K***** wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 15, 87 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 5. Februar 2021, GZ 39 Hv 109/20h 32, nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 62 Abs 1 zweiter Satz OGH Geo 2019) den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde Toumi K***** des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 15, 87 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
[2] Danach hat er am 11. Oktober 2020 in I***** Hamzie A***** eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) absichtlich zuzufügen versucht, indem er mit einem Messer nach dem Bauch und nach dem Kopf des Genannten stach, wobei es aufgrund von Ausweichbewegungen des Opfers beim Versuch blieb.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
[4] Das Schöffengericht leitete seine Feststellung, dem Beschwerdeführer sei es bei der Tatausführung darauf angekommen, A***** „eine an sich schwere Verletzung im Bereich des Bauches/Unterleibs wie eine tiefe Öffnung der Bauchhöhle“ oder „im Bereich des Kopfes wie Verletzung von Sinnesorganen wie dem Auge, mit welchen die Gefahr eines Sinnesverlusts wie des Verlusts des Augenlichts verbunden ist, oder des Gehirns“ zuzufügen (US 6), aus dem – „gezielte, wuchtige Stichbewegungen“ umfassenden – „objektiven Tatgeschehen“ ab (US 10 f).
[5] Der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) zuwider ist diese – weder Gesetzen der Logik noch grundlegenden Erfahrungssätzen widersprechende – Schlussfolgerung unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden (RIS Justiz RS0116882 und RS0098671). Dass auch davon verschiedene Schlüsse denkbar wären, stellt den Nichtigkeitsgrund nicht her (RIS Justiz RS0098362).
[6] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits nach nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Über die Berufung hat das Oberlandesgericht zu entscheiden (§ 285i StPO).
[7] Bleibt anzumerken:
[8] „Gemäß § 26 Abs 1 StGB“ sprach das Erstgericht die Einziehung des vom Angeklagten zur Tatausführung verwendeten Messers aus (US 2).
[9] Einziehung nach § 26 Abs 1 StGB setzt voraus, dass diese vorbeugende Maßnahme nach der besonderen Beschaffenheit des betroffenen Gegenstands geboten erscheint, um der Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen durch den Täter selbst oder durch andere Personen entgegenzuwirken. Dabei spricht das Wort „geboten“ die Deliktstauglichkeit des Gegenstands an (RIS Justiz RS0121298).
[10] Eine solche ist bei gewöhnlichen Messern (hier: „Küchenmesser“) ohne besondere Eigenschaften zu verneinen (wobei der Klingenlänge keine Bedeutung zukommt – RIS Justiz RS0082031 [insbesondere T4, T9]).
[11] Auf der Feststellungsbasis des Ersturteils, das dazu in tatsächlicher Hinsicht keine Aussage trifft, ist die Annahme einer (im dargestellten Sinn) besonderen Beschaffenheit des Messers rechtlich verfehlt (Z 11 zweiter Fall; RIS Justiz RS0133343).
[12] Hinzugefügt sei, dass ein Ausspruch der Konfiskation (§ 19a StGB) dieses Gegenstands – im Ersturteil ebenso wenig getroffene – Feststellungen zum Eigentum des Angeklagten zur Zeit der Entscheidung erster Instanz (§ 19a Abs 1 StGB) erfordert hätte.
[13] Im Hinblick auf das vom Angeklagten – im Beisein seines Verteidigers – erklärte Einverständnis (ON 31, S 12) liegt jedoch kein Nachteil in der Bedeutung von § 290 Abs 1 StPO vor (RIS Justiz RS0088201 [T11, T14], jüngst 15 Os 143/19x), sodass es insoweit amtswegigen Aufgreifens nicht bedurfte.
[14] Der Kostenausspruch gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.