1Nc11/21i – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ. Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz zu AZ 35 Nc 1/21i anhängigen Verfahrenshilfesache des Antragstellers W***** K*****, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
1. Der Delegierungsantrag wird zurückgewiesen.
2. Zur Entscheidung über den Verfahrenshilfeantrag sowie zur Verhandlung und Entscheidung über eine allfällige Amtshaftungsklage wird das Landesgericht Innsbruck als zuständig bestimmt.
Text
Begründung:
[1] Der Antragsteller begehrt in seinem beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz eingebrachten Antrag einerseits, ihm die Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Amtshaftungsklage zu bewilligen, und andererseits die Delegierung des Verfahrens „an ein Gericht in das Bundesland Tirol“. Seinen Anspruch leitet er insbesondere aus behauptungsgemäß rechtswidrigen Entscheidungen des Oberlandesgerichts Graz und aus behauptetem Fehlverhalten von Richtern dieses Oberlandesgerichts ab.
[2] Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz legte die Akten dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung nach § 9 Abs 4 AHG vor.
Rechtliche Beurteilung
[3] 1. Die Fälle des § 9 Abs 4 AHG sind solche notwendiger und der Parteiendisposition entzogener Delegierung (RIS Justiz RS0050131 [T4]). Da den Parteien insoweit kein Antragsrecht zukommt (RS0056449 [T27]), ist der Delegierungsantrag des Antragstellers als unzulässig zurückzuweisen (RS0056449 [T33]).
[4] 2. Es liegen aber die Voraussetzungen für eine Delegierung von Amts wegen vor.
[5] Nach § 9 Abs 4 AHG ist ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung unter anderem dann zu bestimmen, wenn der Ersatzanspruch aus der Entscheidung eines Landesgerichts oder aus dem kollegialen Beschluss eines Oberlandesgerichts abgeleitet wird, das im Instanzenzug zuständig wäre. Der Delegierungstatbestand des § 9 Abs 4 AHG ist daher erfüllt, wenn Richter eines Gerichtshofs über Amtshaftungsansprüche zu erkennen hätten, die ein Verhalten auch nur irgendeines Mitglieds desselben Gerichtshofs oder auch des im Instanzenzug übergeordneten Gerichtshofs zum Gegenstand haben (RS0056449 [T32]). Das ist hier der Fall, weil der Antragsteller auch Richtern des Oberlandesgerichts Graz ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten vorwirft, das den von ihm behaupteten Schaden verursacht haben soll.
[6] Da der Delegierungstatbestand des § 9 Abs 4 AHG auch ein der Klageführung vorangehendes Verfahrenshilfeverfahren erfasst (RS0050123 [T1, T2, T3]; RS0122241), ist ein Landesgericht außerhalb des Sprengels des Oberlandesgerichts Graz zur Erledigung der Rechtssache als zuständig zu bestimmen.