10Ob7/21h – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten Univ. Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann, den Hofrat Mag. Ziegelbauer und die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Pflegschaftssache des Antragstellers M*****, geboren ***** 2003, wegen Unterhaltsvorschuss, infolge des Revisionsrekurses des Bundes, vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 18. Jänner 2021, GZ 16 R 16/21y 98, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Baden vom 14. Dezember 2020, GZ 13 Pu 47/20m 90, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Erstgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, eine Ausfertigung der Rekursentscheidung an den Antragsteller sowie jeweils eine Gleichschrift des Revisionsrekurses an den Antragsteller, an die Mutter und an den Vater zur allfälligen Erstattung einer Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zuzustellen sowie die Akten nach Erstattung einer Revisionsrekursbeantwortung oder nach fruchtlosem Verstreichen der Frist erneut dem Obersten Gerichtshof vorzulegen.
Text
Begründung:
[1] Mit Beschluss vom 9. 6. 2020 (ON 84) gewährte das Erstgericht dem Kind für den Zeitraum von 1. 6. 2020 bis 30. 11. 2020 Unterhaltsvorschüsse gemäß § 3 UVG iVm § 7 1. COVID 19 JuBG.
[2] Über den weiteren Gewährungsantrag des – damals noch minderjährigen und vom Träger der Kinder und Jugendhilfe vertretenen – Kindes und nunmehrigen Antragstellers vom 9. 12. 2020 (ON 88) gewährte das Erstgericht dem Kind (neuerlich) Unterhaltsvorschüsse gemäß § 3 UVG iVm § 7 1. COVID 19 JuBG für den Zeitraum von 1. 12. 2020 bis 31. 1. 2021 (Volljährigkeit).
[3] Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Bundes nicht Folge und sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei. Die Ausfertigung dieses Beschlusses wurde zwar an den Träger der Kinder und Jugendhilfe, nicht aber an den Antragsteller selbst zugestellt.
[4] Der Bund erhob gegen den Beschluss des Rekursgerichts Revisionsrekurs . Eine Gleichschrift des Revisionsrekurses wurde an den Träger der Kinder und Jugendhilfe, nicht aber an den Antragsteller, die Mutter oder den Vater zugestellt.
Rechtliche Beurteilung
[5] Die Aktenvorlage ist verfrüht.
[6] Über die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen hat das Pflegschaftsgericht im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden (§ 10 UVG). Wird ein Revisionsrekurs gegen einen Beschluss erhoben, mit dem über die Sache entschieden worden ist, und findet das Gericht erster Instanz keinen Grund zur Zurückweisung, so ist jeder anderen aktenkundigen Partei eine Gleichschrift zuzustellen (§ 68 Abs 1 AußStrG). Unter einem Beschluss „über die Sache“ wird jede Entscheidung über den Verfahrensgegenstand verstanden (RIS Justiz RS0120860 ua). Den anderen Parteien steht es frei, eine Revisionsrekursbeantwortung (§ 68 AußStrG) einzubringen.
[7] Der Antragsteller hat die Volljährigkeit im Jänner 2021 erlangt. Damit ist die nach § 9 Abs 2 UVG bestehende Vertretungsbefugnis des Trägers der Kinder und Jugendhilfe ex lege erloschen. Der volljährig gewordene Antragsteller ist ab diesem Zeitpunkt dem Verfahren persönlich beizuziehen (R S0123997 ). Es ist daher die Entscheidung des Rekursgerichts ebenso wie die Gleichschrift des Revisionsrekurses dem A ntragsteller zuzustellen.
[8] Im Verfahren über die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen sind auch die Mutter als Unterhaltsschuldnerin und der Vater als Zahlungsempfänger Parteien im Sinn des § 14 UVG iVm § 2 Abs 1 Z 2 AußStrG (RS0120860 [T12, T13], 10 Ob 45/18t). Es steht ihnen gemäß § 68 Abs 1 und Abs 3 Z 1 AußStrG frei, eine Revisionsrekursbeantwortung einzubringen. Das Erstgericht wird daher eine Gleichschrift des Revisionsrekurses des Bundes auch der Mutter und dem Vater zuzustellen haben. Erst nach Einlangen einer Revisionsrekursbeantwortung oder nach fruchtlosem Ablauf der Frist für die Beantwortung des Revisionsrekurses ist der Akt wieder vorzulegen.