JudikaturOGH

504Präs2/21k – OGH Entscheidung

Entscheidung
03. März 2021

Kopf

Die Präsidentin des Obersten Gerichtshofs fasst in den Disziplinarsachen gegen *****, Rechtsanwalt in *****, über den Antrag des Beschuldigten auf Ablehnung der Präsidentin des Obersten Gerichtshofs sowie weiterer Mitglieder des Obersten Gerichtshofs und des Vorsitzenden des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer ***** wegen Befangenheit in den Verfahren AZ D 195/16, D 41/17, D 239/18, D 139/19, D 65/20 und D 72/20 den

Beschluss:

Spruch

Sämtliche Anträge werden zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Mit Schriftsatz vom 7. Jänner 2021 lehnte der Disziplinarbeschuldigte unter Bezug auf die im Kopf dieser Entscheidung bezeichneten Disziplinarverfahren den Präsidenten des Disziplinarrats der zuständigen Rechtsanwaltskammer wegen Befangenheit ab. Mit dieser Befangenheitsanzeige verband der Disziplinarbeschuldigte Befangenheitsanträge gegen die Präsidentin des Obersten Gerichtshofs sowie weitere, namentlich bezeichnete Mitglieder des Obersten Gerichtshofs.

Rechtliche Beurteilung

Sämtliche Anträge sind als unzulässig zurückzuweisen.

1. Eine Ablehnung der Präsidentin des Obersten Gerichtshofs für gemäß § 26 Abs 5 DSt von ihr zu treffende Entscheidungen sieht das Gesetz nicht vor (RS0131429). Ein Rechtsschutzdefizit ist dadurch schon deshalb nicht begründet, weil der Disziplinarbeschuldigte die Ausgeschlossenheit eines erfolglos abgelehnten Präsidenten des Disziplinarrats unter den Voraussetzungen des § 281 Abs 1 Z 1 StPO im Rechtsmittel gegen die Endentscheidung geltend machen kann, die Entscheidung der Präsidentin des Obersten Gerichtshofs über die Ausgeschlossenheit somit keine Bindungswirkung im Berufungsverfahren vor dem Obersten Gerichtshof entfaltet (504 Präs 8/20s).

2. Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Antrags auf Ablehnung eines Richters wegen Ausschließung ist dessen konkret-aktuelle Kompetenz zur Entscheidung in einer Sache des Ablehnungswerbers (vgl Lässig, WK-StPO Vorbem zu §§ 43 bis 47 Rz 4, § 45 Rz 7 mwN).

Diese Voraussetzung ist hier weder in Bezug auf die weiteren abgelehnten Mitglieder des Obersten Gerichtshofs noch – mit Ausnahme des Aktes D 239/18 – in Bezug auf den abgelehnten Präsidenten verwirklicht.

2.1 Die Kompetenz zur Entscheidung über das Vorliegen von Ausschließungs- oder Befangenheitsgründen betreffend den Präsidenten des Disziplinarrats kommt gemäß § 26 Abs 5 Satz 2 DSt der Präsidentin des Obersten Gerichtshofs zu. Eine konkret-aktuelle Kompetenz anderer Mitglieder des Obersten Gerichtshofs besteht nicht.

2.2 Im Verfahren D 195/16 ist – nach Entscheidung des Obersten Gerichtshofs über eine Beschwerde des Disziplinarbeschuldigten gegen eine verhängte einstweilige Maßnahme – als nächster Verfahrensschritt vom zuständigen Disziplinarsenat über einen Antrag des Untersuchungskommissärs auf teilweise Einstellung des Verfahrens und in zwei Punkten über dessen Anregung auf Fassung eines Einleitungsbeschlusses zu entscheiden. Der Präsident gehört diesem Disziplinarsenat nach seiner Stellungnahme nicht an. Das Verfahren D 41/17 wurde durch Einstellungsbeschluss vom 13. September 2017 erledigt. Zum Verfahren D 139/19 äußerte sich der Präsident dahin, dass dieses Verfahren nicht den Disziplinarbeschuldigten betrifft. Im Verfahren D 65/20 wurde ein Untersuchungskommissär bestellt, eine aktuelle Entscheidungskompetenz des abgelehnten Präsidenten besteht nicht. Im Verfahren D 72/20 – in welchem bereits ein Einleitungsbeschluss gefasst wurde – hat der Präsident nach seiner Auskunft ebenfalls keine Entscheidungskompetenz.

3. Im Verfahren D 239/18 erging eine verurteilende Entscheidung des zuständigen Disziplinarsenats; der Akt ist derzeit mit Berufung des Disziplinarbeschuldigten zu AZ 26 Ds 5/20i beim Obersten Gerichtshof anhängig. Selbst wenn der Disziplinarbeschuldigte in diesem Verfahren – trotz nicht erkennbarer aktueller Entscheidungskompetenz des Disziplinarsenats, ist doch derzeit das Berufungsverfahren vor dem Obersten Gerichtshof anhängig – einen Antrag auf Ablehnung der Mitglieder des Disziplinarsenats bzw des Präsidenten als dessen Vorsitzenden gestellt haben sollte, bestünde keine Entscheidungskompetenz der Präsidentin des Obersten Gerichtshofs: Gemäß § 26 Abs 5 letzter Satz DSt hat nach Beginn der mündlichen Verhandlung der erkennende Senat selbst über die Ablehnung zu entscheiden. Der zu diesem Verfahren gestellte Ablehnungsantrag ist daher ebenfalls zurückzuweisen.

Rückverweise