JudikaturOGH

1Ob23/21w – OGH Entscheidung

Entscheidung
02. März 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ. Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer Zeni Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DDr. R*****, vertreten durch Mag. Nicolas Brunner, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, sowie die Nebenintervenienten auf Seite der beklagen Partei 1. Univ. Prof. DDr. A*****, 2. Ass. Prof. DDr. K***** und 3. Univ. Prof. Dr. M*****, alle *****, vertreten durch die CMS Reich Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH, Wien, wegen 182.280 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 4. Dezember 2020, GZ 14 R 113/20w 55, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 19. Februar 2020, GZ 30 Cg 8/18v 37, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO

mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] 1. Der Kläger wirft der Beklagten (den ihr zuzurechnenden universitären Organen) vor, dass ihm während eines P raktikums als Student der Zahnmedizin für einen bestimmten Zeitraum keine Patienten zur Behandlung zugewiesen wurden, sodass er die für dieses Praktikum in einem „Leistungskatalog“ vorgesehenen Behandlungen nur verzögert vornehmen und dadurch sein Studium erst später abschließen habe können. Er leitet daraus einen – mit der vorliegenden Amtshaftungsklage ersatzweise geltend gemachten – Verdienstentgang ab.

Rechtliche Beurteilung

[2] 2. Der von den Vorinstanzen vertretenen Rechtsansicht , wonach das der Beklagten angelastete (zeitweilige) Unterbleiben einer Zuteilung von Patienten an den Kläger nicht auf rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten ihrer Organe, sondern auf sein unkooperatives Verhalten zurückzuführen gewesen sei, tritt er in seiner Revision nicht ausreichend begründet entgegen. Er beschränkt sich vielmehr weitgehend auf die – durch nicht festgestellte Sachverhaltselemente „ergänzte“ – Wiederholung seines bisherigen Prozessstandpunkts, wonach die unterbliebene Berücksichtigung seiner Berufstätigkeit rechtswidrig und schuldhaft gewesen wäre . Mit der rechtlichen Argumentation des Berufungsgerichts setzt er sich nicht auseinander. Die unrichtige Lösung einer iSd § 502 Abs 1 ZPO erheblichen Rechtsfrage kann er damit nicht aufzeigen; schon gar nicht, warum der damals geltende § 59 Abs 4 UniversitätsG 2002 die Universität zu einem umfassenden „Entgegenkommen“ verpflichten sollte, war darin doch bloß geregelt, dass von berufstätigen Studierenden gemeldete Tageszeiten nach Möglichkeit zu berücksichtigen sind.

[3] 3. Der Revisionswerber übergeht insbesondere, dass es nach den erstinstanzlichen Feststellungen für die Zuteilung von Patienten ausgereicht hätte, dass er sich zumindest alle zwei Wochen im (Universitäts )Spital „aufgehalten“ hätte, was ihm neben seiner Berufstätigkeit, bei der er „ein bis zwei Tage in der Woche“ (und nach dem 31. 1. 2015 generell länger) frei hatte, leicht möglich gewesen wäre; ebenso, dass er sich im Spital nicht einmal in einem Mindestmaß in den Praxisbetrieb „eingliedert“ hatte und nicht regelmäßig oder zu fixen Zeiten dort erschien, um Patienten zugeteilt zu bekommen, sowie dass die (zeitweise) unterbliebene Zuteilung von Patienten primär daraus resultierte, dass der Kläger „nicht greifbar“ war, er an keinen Befundaufnahmen (bei denen sich in der Regel erst der Behandlungsbedarf eines Patienten ergab) teilnahm und nur jene Behandlungen vornehmen wollte, die ihm für seinen „Leistungskatalog“ (für das Praktikum) noch fehlten, wobei er sich weigerte, die Patienten darüber hinaus „umfassend“ zu betreuen, obwohl die Anforderungen des Praktikums dies erfordert hätten.

[4] 4. Soweit der Kläger eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO darin zu erkennen vermeint , dass die seiner Ansicht nach maßgeblichen Bestimmungen des (auf den vorliegenden Fall anzuwendenden) UniversitätsG 2002 „auslegungsbedürftig“ seien und dazu höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle, verkennt er im Übrigen das Wesen des Amtshaftungsverfahrens, in dem nicht zu prüfen ist, ob eine Handlung oder Unterlassung richtig war, sondern nur ob sie auf einer bei pflichtgemäßer Überlegung vertretbaren Gesetzesauslegung oder Rechtsanwendung beruhte (vgl RIS Justiz RS0049955 [T7] ua). Sind – wovon der Rechtsmittelwerber selbst ausgeht – die von einem Organ anzuwendenden Normen nicht vollkommen eindeutig, enthalten sie Unklarheiten über die Tragweite des Wortlauts und steht – wie hier – höchstrichterliche Rechtsprechung als Entscheidungshilfe nicht zur Verfügung, kommt es darauf an, ob das Handeln bei pflichtgemäßer Überlegung vertretbar war (RS0049951). Warum die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass den Organen der Beklagten hier keine rechtlich unvertretbaren Handlungen bzw Unterlassungen vorzuwerfen seien, korrekturbedürftig sein sollte, legt der Revisionswerber aber nicht dar.

[5] 5. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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