JudikaturOGH

8ObA119/20p – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Februar 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann Prentner und Mag. Korn als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Johannes Püller (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Thomas Kallab (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei BUAK *****, vertreten durch Mag. Vera Noss, LL.M., Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei R***** Kft., *****, vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer, Dr. Siegfried Sieghartsleitner, Dr. Michael Pichlmair, Ing. MMag. Michael A. Gütlbauer, Rechtsanwälte in Wels, wegen 66.208,23 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom 28. September 2020, GZ 8 Ra 65/20t 30, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Die Entscheidung, ob ein konkreter Betrieb zu den in § 2 BUAG genannten Betrieben gehört und damit in den Anwendungsbereich des § 1 Abs 1 BUAG fällt, hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab und begründet daher in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (RIS Justiz RS0052432 [T5]), sofern keine korrekturbedürftige grobe Fehlbeurteilung vorliegt. Das ist hier nicht der Fall.

[2] 2. Der Oberste Gerichtshof hat bereits in der Entscheidung 9 ObA 102/16i zu den auch im vorliegenden Verfahren maßgeblichen Rechtsfragen Stellung genommen. Die Streitteile waren auch Parteien jenes Verfahrens, das einen gleichartigen Sachverhalt zum Gegenstand hatte. Die Entscheidung des Berufungsgerichts steht mit der Begründung dieser Entscheidung im Einklang.

[3] 3. Unter Baueisenbieger und verlegerbetriebe werden jene Betriebe verstanden, die sich mit dem Vorbiegen bzw der Montage der für Bauten notwendigen Baueisen befassen (9 ObA 102/16i unter Verweis auf RV 426 BlgNR 13. GP 13 [„nur zur Klarstellung“]; Martinek/Widorn , BUAG 69).

[4] Der Oberste Gerichtshof hat dazu in der Entscheidung 9 ObA 102/16i ausgeführt, dass es einer entsprechenden Einordnung der festgestellten Tätigkeit nicht entgegensteht, wenn das Vorbiegen bzw die Montage der für Bauten notwendigen Baueisen – wie im Anlassfall – durch Schweißverbindungen mit Schweißnähten erfolgt, für die besondere Schweißerkenntnisse erforderlich sind. Für die Beurteilung der Tätigkeit sei nach der Literatur und Rechtsprechung zu § 2 BUAG (vgl auch 9 ObA 150/11s) nicht der Wortlaut der Gewerbeberechtigung des einzelnen Arbeitgebers maßgebend, sondern die Frage, ob die in einem Betrieb ausgeübte Tätigkeit dem Tätigkeitsumfang einer aufgezählten Betriebsart entspricht. Auf die gewerberechtlichen Befugnisse oder auch auf den Inhalt anderer Gewerbeberechtigungen der Beklagten komme es daher nicht an.

[5] Zu einer der aufgezählten Betriebsarten zählten nicht nur Betriebe, die im gesamten oder überwiegenden Tätigkeitsbereich der Betriebsart tätig werden, sondern auch jene, die sich auf einen kleineren Teilbereich spezialisiert haben. Die Beklagte habe durch das Verschweißen von halbfertig nach Österrreich gelieferten Bewehrungsteilen zu größeren Bewehrungskörben eine Teiltätigkeit eines Eisenbiegerbetriebs ausgeübt. Auf die konkrete Methode, mit der die Bewehrungskomponenten verbunden werden, stellte die Entscheidung nicht ab. Ebensowenig stehe der Einordnung entgegen, dass die Schweißarbeiten zur Endfertigung der Bewehrungskörbe nicht an der Baustelle, sondern in einer entfernter gelegenen, witterungsgeschützten Halle durchgeführt würden.

[6] 4. Zur in der Zulassungsbegründung der Revision angesprochenen Rechtsfrage der Rolle der gewerberechtlichen Zuordnung hat der Oberste Gerichtshof bereits im Sinne der Beurteilung des Berufungsgerichts Stellung genommen (9 ObA 150/11s, 9 ObA 120/14h). Selbst eine Entscheidung, die zu einer bestimmten Rechtsfrage bisher die einzige ist, die aber ausführlich begründet und veröffentlicht wurde, zu der gegenteilige Entscheidungen nicht vorliegen und die vom Schrifttum ohne Kritik übernommen wurde (hier: 9 ObA 102/16i = ZRB 2017, 110 [ Wiesinger ] = ARD 6536/9/2017 = RdW 2017/306, 444), reicht für das Vorliegen einer gesicherten Rechtsprechung aus (RS0103384).

[7] 5. Die Revision vermag keine vom Vorprozess grundlegend abweichenden Sachverhaltsfeststellungen aufzuzeigen, aus denen sich unter Anwendung in der dargelegten Rechtsprechung erarbeiteter Grundsätze die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts als korrekturbedürftig im dargestellten Sinn erwiese.

[8] Aus dem Umstand, dass die Klägerin andere Unternehmen, in deren Fertigteilwerken die Arbeitnehmer der Beklagten die Bewehrungskörbe in Österreich fertigstellen, nicht als zuschlagspflichtige Betriebe nach § 2 BUAG behandelt, kann die Revisionswerberin für sich keine Ausnahme ableiten.

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