JudikaturOGH

4Ob160/20p – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Februar 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon. Prof. Dr. Brenn, Hon. Prof. PD Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen des Klägers und Widerbeklagten B***** G*****, Deutschland, vertreten durch Dr. Hellmut Prankl, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die Beklagte und Widerklägerin P***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Ludwig Vogl, Rechtsanwalt in Mattighofen, wegen 20.000 EUR sA (Klage) und 15.146,50 EUR sA (Widerklage), über die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 21. Juli 2020, GZ 6 R 43/20s 89, mit dem das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 14. Februar 2020, GZ 2 Cg 103/16w, 2 Cg 17/17z 84, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit  2.197,80 EUR (darin 366,30 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

[1] Der Kläger schloss mit der beklagten Flugschule einen Ausbildungsvertrag über eine Linienpilotenausbildung ab. Er leistete auf den Ausbildungspreis von 65.000 EUR einen Teilbetrag von 30.000 EUR und begehrt nunmehr die Aufhebung des Ausbildungsvertrags sowie die Rückerstattung eines Teils der bereits geleisteten Ausbildungskosten in Höhe von 20.000 EUR wegen Irrtums, in eventu Gewährleistung oder Schadenersatz, Wucher, Sittenwidrigkeit und laesio enormis. Mit der von der Beklagten angebotenen Ausbildung sei das vertraglich vereinbarte Ausbildungsziel nicht zu erreichen. Die vorgesehenen 50 Flugstunden am Doppelsteuer mit einem anderen Flugschüler (anstatt teurere Stunden mit einem Fluglehrer) seien unzulässig und für die Pilotenausbildung nicht anrechenbar.

[2] Die Beklagte und Widerklägerin wendete ein, das Ausbildungsziel wäre zu erreichen gewesen, hätte der Kläger nicht mehrfach Termine abgesagt oder wäre unentschuldigt ferngeblieben. Die behördliche Anerkennung der Doppelsteuerstunden sei in der Praxis nie problematisch gewesen, und die Flugschüler seien darüber aufgeklärt worden, dass allenfalls Flugstunden hinzugekauft werden müssten, wenn sich die Behördenpraxis ändere. Die Beklagte begehrte mittels Widerklage die Zahlung von 15.146,50 EUR an ausständigen Ausbildungskosten.

[3] Das Erstgericht wies die Klage ab und gab der Widerklage Folge. Der Kläger sei nicht in Irrtum geführt worden, weil er über den Inhalt der von ihm gewählten Ausbildung richtig und ausreichend aufgeklärt worden sei. Die Beklagte habe ihn sowohl mündlich als auch in den AGB auf die von der Behörde akzeptierte Praxis (der Akzeptanz der Doppelsteuerstunden) hingewiesen und ihn für den Fall, dass die Behörde diese Stunden nicht mehr akzeptiere, auf die Mehrkosten aufmerksam gemacht. Der Nachweis der behaupteten Mängel sei nicht gelungen, sodass auch die weiteren Klagegründe nicht zu Recht bestünden. Hingegen sei die Widerklage berechtigt, weil der Kläger trotz Fälligkeit die vereinbarten Teilzahlungen nicht geleistet, die Beklagte aber ihre Leistungen ordnungsgemäß erbracht habe.

[4] Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und ließ die Revision nachträglich zu, weil keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliege, ob ein Ausbildungsvertrag, der zwar den gesetzlichen Erfordernissen nicht hinreichend gerecht werde, aber aufgrund geübter Verwaltungspraxis dennoch zur Verleihung einer Lizenz als Berufspilot an den Auszubildenden führe, als mangelhaft zu qualifizieren sei.

Rechtliche Beurteilung

[5] Die vom Kläger erhobene Revision zeigt keine iSv § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage auf. Dass Rechtsprechung zu einem vergleichbaren Sachverhalt fehlt, begründet noch nicht das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage (RIS Justiz RS0122015 [T4]; RS0102181; RS0110702). Die Revision ist daher nicht zulässig und folglich zurückzuweisen.

[6] 1.1. In jenem Verfahren, auf das sich der Kläger bezieht (6 Ob 246/19a) wurde die außerordentliche Revision ohne Begründung zurückgewiesen.

[7] 1.2. Der (vom Anwalt des Klägers im Vorprozess vertretene) Kläger dieses Verfahrens hebt als Unterschiede gegenüber diesem Vorprozess einerseits eine in die Ausbildungszeit des Klägers fallende Notiz („Wall Post“) eines Mitarbeiters der Beklagten hervor, worin dieser bekräftigt haben soll, dass die Flugschüler auch zukünftig sämtliche Doppelsteuerstunden in ihren Flugbüchern berücksichtigen könnten. Zum anderen falle das von der Aufsichtsbehörde Austro Control gegenüber der Beklagten eingeleitete Kontrollverfahren in den Ausbildungszeitraum des Klägers.

[8] 1.3. Dem ist zu entgegnen, dass sowohl die genannte Notiz als auch das gegen die Beklagte eingeleitete behördliche Ermittlungsverfahren in einem Zeitraum nach Abschluss des Ausbildungsvertrags mit dem Kläger lagen, weshalb beides für seine Willensbildung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bedeutungslos war. Im Übrigen führte die behördliche Kontrolle bei keinem Schüler der Beklagten zum Entzug der Berufspilotenlizenz, sodass die geltend gemachten Umstände keine Mängel der Leistungserbringung der Beklagten belegen.

[9] 2. Der Kläger macht auch in dritter Instanz geltend, dass er über die (Un )Rechtmäßigkeit der Berücksichtigung der Doppelsteuerstunden in der Pilotenausbildung geirrt habe. Dies wird jedoch – wie schon das Berufungsgericht ausführte – von den getroffenen Feststellungen (wonach der Kläger bei Vertragsabschluss sowohl mündlich als auch schriftlich über die Berücksichtigung und Problematik von Doppelsteuerflügen aufgeklärt wurde) nicht getragen. Abgesehen davon ist ein Rechts (folgen )irrtum bzw ein Irrtum über Zukünftiges nach ständiger Rechtsprechung unbeachtlich (RS0008653 [T2]; RS0014913 [T4]).

[10] 3. Eine Mangelhaftigkeit der Leistung der Beklagten hat das Berufungsgericht auch mit dem zutreffenden Argument verneint, dass der Kläger im Zeitpunkt des Abbruchs seiner Ausbildung noch gar nicht in der Ausbildungsphase war, in der die beanstandeten Doppelsteuerflüge zu absolvieren waren.

[11] 4. Die vom Revisionswerber gerügten Verfahrensmängel wurden geprüft, liegen aber nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

[12] 5. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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