JudikaturOGH

5Ob153/20s – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. Januar 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in den verbundenen wohnrechtlichen Außerstreitsachen des Antragstellers J*****, vertreten durch Mag. Elke Hanel Torsch, Mietervereinigung Österreichs, Reichratsstraße15, 1010 Wien, gegen die Antragsgegnerin Dr. M*****, vertreten durch die Engin Deniz Reimitz Hafner Rechtsanwälte KG in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 12 iVm § 21 MRG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Teil-Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 24. Juni 2020, GZ 38 R 313/19i 60, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Akt wird dem Rekursgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

[1] Der Antragsteller begehrte mit zwei gesonderten Anträgen die Überprüfung einzelner Positionen der Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2011 bis 2014.

[2] Das Erstgericht gab diesen Anträgen teilweise statt und stellte fest, dass eine der beanstandeten Positionen zu Unrecht in die jeweilige Betriebskostenabrechnung aufgenommen wurde. Hinsichtlich andere r Positionen wies es das jeweilige Feststellungs begehren ab.

[3] Gegen die Abweisung des Fes t stellungsbegehrens in B ezug auf die Position „ V ersicherung“ in den B etriebskostenabrechnungen 2011, 2012, 2013 und 2014 sowie gegen die Nichterledigung de s Sachantr ags in Bezug auf die Position „Hausbetreuung“ in der Betriebskostenabrechnung 2011 erhob der Antragsteller Rekurs.

[4] Das Rekursgericht gab de m Rekurs gegen die Abweisung des Feststellungsbegehrens in Bezug auf die Position „Versicherung“ nicht Folge und bestätig t e die Entscheidung des Erstgerichts mit Teil Sachbeschluss. Das Rekursgericht spra c h aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR übersteige und der ordentliche Rev isionsrekurs nicht zulässig sei. Dem Rekurs gegen die teilweise Nichterledigung der Sachanträge gab das Rekursgericht Folge und wies die Rechtssache insoweit ohne R echtskraftvorbehalt an das Erstgericht zurück.

[5] Gegen d en Teil-Sachbeschluss des Rekursgerichts richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs de s Antrag stellers.

[6] Der Oberste Gerichtshof ist derzeit nicht zur Entscheidung über das Rechtsmittel berufen.

Rechtliche Beurteilung

[7] 1. I n den mietrechtlichen Außerstreitverfahren i n den Angelegenheiten des § 37 Abs 1 MRG ist der Revisionsrekurs – außer im Fall der Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs nach § 63 Abs 3 AußStrG – jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 1 0.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat (§ 62 Abs 3 AußStrG iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG).

[8] 2.1. Die in einem Außerstreitverfahren nach § 37 Abs 1 MRG erhobenen Ansprüche sind ex lege als rein vermögensrechtlicher Natur zu qualifizieren (§ 37 Abs 3 Z 16 MRG). Besteht deren Entscheidungsgegenstand – wie hier – nicht ausschließlich in einem Geldbetrag, dann hat das Rekursgericht gemäß § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR übersteigt oder nicht.

[9] 2.2. Bilden mehrere Ansprüche den Entscheidungsgegenstand des Rekursgerichts, hat eine Zusammenrechnung nur zu erfolgen, wenn die Voraussetzungen des – auch im Außerstreitverfahren anwendbaren – § 55 Abs 1 JN erfüllt sind. Demnach sind mehrere in einem Antrag geltend gemachte Ansprüche zusammenzurechnen, wenn sie in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen (RIS Justiz RS0042741). Wenn jeder der geltend gemachten Ansprüche in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht als selbständig anzusehen ist, ist die Frage der Rechtsmittelzulässigkeit daher für jedes Begehren getrennt zu beurteilen (RS0118275, RS0053096, RS0042753). Mehrere Ansprüche, die nicht nach § 55 Abs 1 JN zusammenzurechnen sind, hat das Rekursgericht daher gesondert zu bewerten (RS0042741 [T18]).

[10] 2.3. Die in den hier verbundenen Verfahren geltend gemachten Ansprüche auf Überprüfung der Betriebskostenabrechnungen für verschiedene Abrechnungs-perioden sind sowohl in tatsächlicher als auch rechtlicher Hinsicht als selbständig anzusehen. Der Umstand, dass diese sich auf ein und dasselbe Mietverhältnis beziehen, reicht für sich alleine nicht aus, um einen tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang iSd § 55 Abs 1 JN zu begründen (5 Ob 86/16g MietSlg 69.552). Auch die Tatsache der Verbindung der beiden Anträge de s Antragsteller s zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung hat nicht zur Folge, dass die einzelnen Ansprüche zusammenzurechnen wären (RS0037271).

[11] 3. Das Rekursgericht hat die daher gebotene Differenzierung nach selbständigen Ansprüchen (beanstandete Prämienverrechnungen in vier Abrechnungen) bei seiner Gesamtbewertung des Entscheidungsgegenstands unterlassen und dies zunächst nachzutragen (5 Ob 86/16g; vgl RS0007073). Erst danach kann beurteilt werden, ob überhaupt eine Entscheidungskompetenz des Obersten Gerichtshofs gegeben ist. Sollte das Rekursgericht zum Ergebnis kommen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands für keine Abrechnungsperiode 10.000 EUR übersteigt, steht dem Rechtsmittelwerber nämlich nur die Möglichkeit der Zulassungsvorstellung nach § 63 Abs 1 AußStrG offen. Ob der Rechtsmittelschriftsatz in diesem Fall einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (5 Ob 86/16g).

Rückverweise