JudikaturOGH

1Ob8/21i – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. Januar 2021

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ. Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer Zeni Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in den beim Landesgericht Leoben zu AZ 8 Nc 7/20m, 8 Nc 8/20h und AZ 8 Cg 48/20z anhängigen Rechtssachen des Antragstellers und Klägers W*****, (hinsichtlich der Klage: gegen die Republik Österreich [Bund]) über seinen Rekurs gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz vom 2. Dezember 2020, GZ 5 Nc 8/20z 2, 5 Nc 9/20x 2 und 5 Nc 10/20v 2, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

[1] Der Antragsteller brachte beim Landesgericht Leoben zuerst einen Verfahrenshilfeantrag zur Einbringung einer Amtshaftungsklage wegen behaupteter Verstöße der Staatsanwaltschaft Leoben ein (AZ 8 Nc 7/20m des Landesgerichts Leoben) . Zu diesem Antrag stellte er mit seiner Eingabe vom 29. 10. 2020 klar, dass es sich dabei (bereits) um „die Amtshaftungsklage gegen die Republik Österreich“ handle (AZ 8 Cg 48/20z des Landesgerichts Leoben). Er erweiterte seine Vorwürfe im Hinblick auf ein Verhalten eines namentlich genannten Richters des Landesgerichts Leoben und behauptete (insofern nicht ganz verständlich), er halte die Amtshaftungsklage „gegen diesen Richter“ „aufrecht“. Wenig später beantragte er auch Verfahrenshilfe für die Einbringung „der Amtshaftungsklage gegen [diesen Richter]“ (AZ 8 Nc 8/20h des Landesgerichts Leoben).

[2] Das Oberlandesgericht Graz bestimmte das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als das zur Behandlung und Entscheidung dieser Rechtssachen zuständige Gericht erster Instanz.

[3] Es begründete seine Entscheidung damit, dass das Landesgericht Leoben gemäß § 9 Abs 4 AHG ausgeschlossen sei, weil der Antragsteller (neben seinen gegen die Staatsanwaltschaft Leoben erhobenen Vorwürfen) auch eine Rechtsverletzung aus einem Vorgehen eines richterlichen Organs geltend machen wolle, das am Landesgericht Leoben tätig sei. Es sei daher ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Entscheidung über die Verfahrenshilfeanträge sowie zur Verbesserung, Verhandlung und Entscheidung über die Amtshaftungsklage zu bestimmen. Dafür sei einer der beiden weiteren im Sprengel des Oberlandesgerichts Graz gelegenen Gerichtshöfe erster Instanz, also entweder das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz oder das Landesgericht Klagenfurt, in Frage gekommen. Die gegen Organe des Landesgerichts Leoben und der Staatsanwaltschaft Leoben erhobenen Vorwürfe stünden mit einem zunächst beim Landesgericht Klagenfurt gegen den Antragsteller/Kläger eingebrachten Strafantrag und dem darüber geführten Verfahren in Zusammenhang. Dieses den Ausgangspunkt der nun erhobenen Vorwürfe bildende Verfahren sei vom Landesgericht Klagenfurt an das Landesgericht Leoben abgetreten worden. Zudem sei das Landesgericht Klagenfurt in einem weiteren Verfahren wegen anderer vom Antragsteller geltend gemachter, angeblich amtshaftungsbegründender Vorgangsweisen eines seiner Organe gemäß § 9 Abs 4 AHG als ausgeschlossen erachtet und für jene Rechtssache das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als zuständig bestimmt worden. Es erscheine daher auch im vorliegenden Fall zweckmäßig das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als zuständig zu bestimmen.

[4] Gegen diese Entscheidung richtet sich der als Beschwerde bezeichnete Rekurs des Antragstellers, der zwar zulässig (RIS Justiz RS0105630; RS0105631), aber nicht berechtigt ist.

Rechtliche Beurteilung

[5] 1. Nach § 9 Abs 4 AHG ist ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung – auch über Verfahrenshilfeanträge zur Erhebung einer Amtshaftungsklage (RS0050123 [T1, T2, T3]; RS0053097 [T2, T5]; RS0122241) – unter anderem dann zu bestimmen, wenn der Ersatzanspruch aus der Entscheidung eines Landes- oder aus dem kollegialen Beschluss eines Oberlandesgerichts abgeleitet wird, das im Instanzenzug zuständig wäre. Der Delegierungstatbestand des § 9 Abs 4 AHG liegt daher (nur dann) vor, wenn Richter eines Gerichtshofs über Amtshaftungsansprüche zu erkennen hätten, die ein Verfahren auch nur irgendeines Mitglieds desselben Gerichtshofs oder auch des im Instanzenzug übergeordneten Gerichtshofs zum Gegenstand haben (RS0056449 [T32]).

[6] 2. Der Rekurswerber strebt in seiner über weite Strecken kaum verständlichen Eingabe erkennbar die Abänderung im Sinn der Bestimmung eines außerhalb des Oberlandesgerichts Graz liegenden Gerichts an. Er missversteht dessen Ausführungen im Delegierungsbeschluss offenbar, wenn er meint, das Oberlandesgericht versuche „einige [s]einer Verfahrenshilfe Anträge“ einem bereits bestimmten (als Verfahrenshelfer bestellten) Rechtsanwalt „hineinzuschieben“. Dies ist mit dem angefochtenen Beschluss nicht geschehen. Weder ist ihm der Inhalt noch eine Zielrichtung dahin zu entnehmen, die nun zum Gegenstand gemachten Vorwürfe in das Verfahren, für das ihm bereits ein Verfahrenshelfer der Rechtsanwaltskammer Vorarlberg bestellt wurde, „einzubeziehen“, noch gibt er für seinen in seine weitwendigen Äußerungen eingeflossenen Vorwurf, das von ihm pauschal als befangen bezeichnete (gesamte) Oberlandesgerichts Graz sei als „Beitragstäter“ beim Versuch von „Wegsperren meiner Person“ in Haftung zu ziehen, irgendeinen Grund oder auch nur eine Entscheidung dieses Gerichts an. Führt der Ablehnungswerber aber keine konkreten Befangenheitsgründe ins Treffen oder ist die Ablehnung offenkundig rechtsmissbräuchlich (RS0042028 [T7, T15, T18, T24]), kann sofort über das Rechtsmittel entschieden werden.

[7] 3. Der Rekurswerber möchte offenbar bloß nach seinem eigenen Willen – allerdings ohne eine Grundlage in den vom Gesetzgeber erlassenen Zuständigkeitsnormen nennen zu können – erreichen, dass die von ihm eingebrachten Anträge und die dazu gehörige Klage außerhalb des Sprengels des Oberlandesgerichts Graz behandelt werden. Die Zuständigkeit bestimmt sich aber nach dem Gesetz und nicht (einseitig) nach dem Wunsch einer Partei. Da der Rekurswerber keinen Grund nennen kann, aus dem die Entscheidung des Oberlandesgerichts Graz gegen die Norm des § 9 Abs 4 AHG verstoßen haben sollte oder warum die Bestimmung eines außerhalb des Sprengels des Oberlandesgerichts Graz – aus dessen Tätigkeit er seine behaupteten Amtshaftungsansprüche nicht ableitet – gelegenen Gerichts nach dem Gesetz zulässig wäre, muss sein Rekurs erfolglos bleiben.

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