1Nc40/20b – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ. Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der beim Landesgericht Leoben zu AZ 4 Nc 3/20v anhängigen Verfahrenshilfesache der Antragstellerin R*****, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Zur Entscheidung über den Verfahrenshilfeantrag sowie zur Erledigung einer allfälligen Amtshaftungsklage wird das Landesgericht Eisenstadt als zuständig bestimmt.
Text
Begründung:
[1] Die Antragstellerin begehrte beim Landesgericht Salzburg die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Amtshaftungsklage gegen den Bund. Ihren Amtshaftungsanspruch leitete sie einerseits aus einem behaupteten Fehlverhalten eines Richters des Landesgerichts Salzburg ab, der sie in der Verhandlung herabwürdigend behandelt und den Schadenersatzprozess gegen ihren ehemaligen Zahnarzt „völlig willkürlich nach Leoben überwiesen habe“. Andererseits behauptete sie auch diverse Fehler von Richtern des Landesgerichts Leoben im – dorthin überwiesenen – Prozess gegen ihren früheren Zahnarzt.
[2] Das Oberlandesgericht Linz bestimmte zunächst das Landesgericht Ried im Innkreis gemäß § 9 Abs 4 AHG als zur Entscheidung über den Verfahrenshilfeantrag und zur Verhandlung und Entscheidung über eine allfällige Amtshaftungsklage zuständiges Gericht. Dieses wies den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe – nach dessen Verbesserung durch die Antragstellerin – insoweit (rechtskräftig) ab, als die Verfahrenshilfe zur Erhebung einer auf das Verhalten eines Richters des Landesgerichts Salzburg gestützten Amtshaftungsklage beantragt wurde. Soweit die Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Amtshaftungsklage wegen eines behaupteten Fehlverhaltens von Richtern des Landesgerichts Leoben begehrt wurde, überwies das Landesgericht Ried im Innkreis die Verfahrenshilfesache gemäß § 44 JN an dieses Gericht, das den Akt dem Oberlandesgericht Graz zur Entscheidung über eine Delegierung nach § 9 Abs 4 AHG vorlegte.
[3] Das Oberlandesgericht Graz legte den Akt seinerseits dem Obersten Gerichtshof zur Delegierung gemäß § 9 Abs 4 AHG mit der Begründung vor, einer der von der Antragstellerin bezeichneten Richter des Landesgerichts Leoben sei mittlerweile zum Richter des Oberlandesgerichts Graz ernannt worden.
Rechtliche Beurteilung
[4] Wird ein Amtshaftungsanspruch aus Handlungen oder Unterlassungen von Richtern des Gerichtshofs erster Instanz und/oder des übergeordneten Oberlandesgerichts abgeleitet, die sonst gemäß § 9 Abs 1 AHG zuständig wären, ist ein Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache vom übergeordneten Gericht zu bestimmen (§ 9 Abs 4 AHG). Dies gilt nach ständiger Rechtsprechung auch für das dem eigentlichen Amtshaftungsprozess vorgelagerte
Verfahrenshilfeverfahren (RIS Justiz RS0050123 [T1, T2, T3]; RS0122241). Der Delegierungstatbestand nach dieser Bestimmung ist nach der Rechtsprechung auch dann erfüllt, wenn ein Richter, dessen Verhalten als Klagegrund in Betracht kommt, nun bei jenem Gerichtshof ernannt ist, der als Rechtsmittelgericht über den geltend gemachten Amtshaftungsanspruch zu entscheiden hätte (RS0056449 [T7, T15]; RS0119894).
[5] Dies ist hier der Fall, weshalb die Rechtssache an ein Landesgericht außerhalb des Sprengels des Oberlandesgerichts Graz zu delegieren ist.