JudikaturOGH

8ObA112/20h – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Dezember 2020

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann Prentner und Mag. Wessely Kristöfel als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Andreas Mörk (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Robert Hauser (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei H***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Friedrich Schulz, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei D*****, vertreten durch Dr. Peter Zawodsky, Rechtsanwalt in Wien, wegen 9.027,11 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom 28. September 2020, GZ 8 Ra 15/20i 23, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Der Beklagte ist seit 1. 3. 2016 bei der Klägerin, die ein Autobusunternehmen betreibt, beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis kommt der Kollektivvertrag für Dienstnehmer in privaten Autobusbetrieben zur Anwendung. Dessen Punkt „XIV. Verfall von Ansprüchen“ lautet:

Ansprüche des Dienstgebers sowie des Dienstnehmers aus dem Dienstverhältnis sind bei sonstigem Verfall innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit eingeschrieben geltend zu machen. Als Fälligkeitstag für vom Dienstgeber allfällig zu erhebende Schadenersatzansprüche gilt jener Tag, an dem der Dienstgeber von dem erlittenen Schaden Kenntnis erhielt. […]“

[2] Am 28. 1. 2019 verursachte der Beklagte auf einem nicht öffentlichen Betriebsgelände der Klägerin einen Unfall, indem er mit einem von ihm gelenkten Gelenkbus gegen einen anderen dort abgestellten Bus stieß. Gleich nach dem Unfall informierte der Beklagte Vertreter der Klägerin davon, die noch am selben Tag eine Reparatur der beiden Busse in Auftrag gaben.

[3] Mit Schreiben vom 28. 5. 2019 forderte die Klägerin erstmals schriftlich vom Beklagten Schadenersatz für den an den beiden Bussen entstandenen Schaden ein.

[4] Die Vorinstanzen wiesen das auf Zahlung eines Schadenersatzes von 9.027,11 EUR sA gerichtete Klagebegehren übereinstimmend ab.

[5] 1. Mit ihrer außerordentlichen Revision richtet sich die Klägerin gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass ihr Schadenersatzanspruch gemäß Punkt XIV. des Kollektivvertrags unabhängig davon, ob der Beklagte den Schaden leicht oder grob fahrlässig verursacht habe, verfallen sei. Mit ihren Ausführungen zeigt die Klägerin allerdings keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf.

Rechtliche Beurteilung

[6] 2. Wie bereits das Berufungsgericht dargelegt hat, ist aus der Entscheidung 4 Ob 65/85, in der der Oberste Gerichtshof ausgeführt hat, dass gemäß § 2 DHG [in der Fassung vor der Novelle BGBl 1983/169] wegen grober Fahrlässigkeit eine Minderung der Ersatzpflicht des dort Beklagten „ebenso ausgeschlossen wie ein Verfall“ des Ersatzanspruchs war, nichts für die Klägerin zu gewinnen: Die im Vergleichsfall noch anzuwendende Fassung des DHG sah im Fall grober Fahrlässigkeit keine Mäßigungsmöglichkeit vor. Damals wie heute erlöschen nach § 6 DHG auf einem minderen Grad des Versehens beruhende Schadenersatz oder Rückgriffsansprüche zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer, wenn sie nicht binnen sechs Monaten nach Ablauf des Tages, an dem sie erhoben werden können, gerichtlich geltend gemacht werden. Die Frist des § 6 DHG ist eine Ausschluss- bzw Verfallsfrist (vgl 8 ObA 78/02g; RS0055081). Die Aussage des Obersten Gerichtshofs in der von der Klägerin ins Treffen geführten Entscheidung bezog sich ausschließlich auf das (alte) System des DHG. Daraus kann jedenfalls nicht abgeleitet werden, dass kollektivvertragliche Verfallsfristen – wie hier – entgegen ihrem (nicht auf bestimmte Verschuldensformen beschränkten; vgl etwa 9 ObA 86/08z) Wortlaut bei grober Fahrlässigkeit des Dienstnehmers keine Gültigkeit haben sollten.

[7] 3. Der erstmals in der Revision erhobene Einwand der Klägerin, Punkt XIV. des Kollektivvertrags sei sittenwidrig, weil er die Geltendmachung von Ansprüchen ohne sachlichen Grund übermäßig erschwere, stellt eine unzulässige Neuerung dar, auf die nicht weiter einzugehen ist (vgl RS0016441; RS0016435 ua).

[8] 4. Mangels einer erheblichen Rechtsfrage ist die außerordentliche Revision der Klägerin daher zurückzuweisen.

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