JudikaturOGH

8ObA111/20m – OGH Entscheidung

Entscheidung
18. Dezember 2020

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Mag. Andreas Mörk (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Robert Hauser (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei C***** Rechtsanwaltspartnerschaft KG, *****, gegen die beklagte Partei S***** R*****, vertreten durch Dr. Herwig Ernst, Rechtsanwalt in Korneuburg, wegen Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25. August 2020, GZ 9 Ra 9/20i 22, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Die Bezeichnung der klagenden Partei wird von „D***** Rechtsanwaltspartnerschaft KG“ auf C***** Rechtsanwaltspartnerschaft KG berichtigt.

2. Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

zu 1.:

[1] Während des Berufungsverfahrens firmierte die Klägerin wie aus dem Firmenbuch ersichtlich um (FN *****). Ihre Bezeichnung ist gemäß § 235 Abs 5 ZPO zu berichtigen.

zu 2.:

[2] Die Beklagte war bei der klagenden Anwaltsgesellschaft vom 16. 6. 2015 bis 31. 12. 2018 als Kanzleimitarbeiterin beschäftigt. Das Finanzamt drohte der Klägerin mit Schreiben vom 25. 9. 2018 an, ihr die Befugnis zur Selbstberechnung gemäß § 11 Abs 2 GrEStG abzuerkennen. Als wesentliche Begründung wurde im Schreiben angeführt, dass von der Klägerin die Selbstberechnung aus 14 Zeiträumen verspätet angemeldet und/oder die in diesen Zeiträumen für 33 Geschäftsfälle selbstberechnete Abgabe verspätet entrichtet worden sei. Obgleich es nach diesem Schreiben bis zum Schluss der Verhandlung erster Instanz bei der Klägerin zu einer weiteren verspäteten Anmeldung mit Stichtag 15. 2. 2019 und zu einer verspäteten Entrichtung mit Stichtag 15. 3. 2019 kam, ging das Finanzamt nicht mit einer Entziehung der Befugnis zur Selbstberechnung vor. Derzeit ist kein Entziehungsverfahren anhängig. Erst im Fall von erneuten Verspätungen der Anmeldung und Entrichtung wird seitens des Finanzamts eine Aberkennung in Erwägung gezogen.

[3] Mit ihrer Klage vom 29. 3. 2019 begehrt die Klägerin zwischen den Parteien festzustellen, dass die Beklagte „für zukünftige Dauerfolgen im Falle der Aberkennung der Befugnis zur Selbstberechnung für D***** Rechtsanwaltspartnerschaft KG gemäß § 11 Abs 1 GrEStG zur Abgabenkonto Nr. *****, indem diese trotz entsprechender Anweisungen Abgabenerklärungen nicht rechtzeitig einbrachte bzw ohne Wissen der klagenden Partei Eingaben beim Finanzamt für Verkehrssteuern einbrachte, in Kenntnis dessen, dass diese verspätet sind, im Rahmen einer Zweidrittelquote nach dem Dienstnehmerhaftpflichtgesetz haftet“.

[4] Die Vorinstanzen trafen unter anderem die eingangs wiedergegebenen Feststellungen. Die von ihnen vorgenommene Abweisung des Klagebegehrens bedarf keiner höchstgerichtlichen Korrektur.

Rechtliche Beurteilung

[5] Nach ständiger Rechtsprechung dient die Feststellungsklage insbesondere auch der abschließenden Klärung der Verschuldensfrage (RIS Justiz RS0038976 [T3]) einschließlich eines allfälligen Mitverschuldenseinwands (RS0038976 [T7]). Ist es derzeit nicht möglich, über die wegen eines nicht auszuschließenden künftigen Vermögensnachteils möglicherweise aktuell werdende Haftungsfrage unter einer bindenden Abwägung von Verschulden und Mitverschulden der Streitteile nach Grund und Umfang abschließend zu entscheiden, ist dem Feststellungsbegehren seine Funktion genommen (RS0038976 [T9]).

[6] Die bei der Klägerin nach dem Ausscheiden der Beklagten auftretenden Verspätungen bei der Selbstberechnung können grundsätzlich nur dieser, nicht der Beklagten angelastet werden. Selbst wenn man mit der Klägerin davon ausgeht, dass die Beklagte für alle der Klägerin im Abmahnungsschreiben des Finanzamts genannten Verspätungen alleinverantwortlich ist, so kann ihr Verschuldensanteil an einem möglichen zukünftigen Entzug der Selbstberechnungsbefugnis der Klägerin derzeit nicht bestimmt werden. Wo keine bindende Abwägung von Verschulden und Mitverschulden der Streitteile (hier: am möglichen künftigen Entzug der Selbstberechnungsbefugnis und damit an der von der Klägerin befürchteten Lage, dass sie aufgrund des Entzugs den einen oder anderen Mandanten verlieren oder nicht akquirieren könnte) möglich ist, kann eine bereits auf Feststellung der Haftung im Falle der Aberkennung der Selbstberechungsbefugnis gerichtete Klage ihre Funktion, auch insofern eine Klärung herbeizuführen, nicht erfüllen. Eine solche Klage muss daher erfolglos bleiben.

Rückverweise