10Ob51/20b – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten Univ. Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann, den Hofrat Mag. Ziegelbauer sowie die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Pflegschaftssache des Y*, geboren * 2014, vertreten durch das Land Wien als Kinder und Jugendhilfeträger (Magistrat der Stadt Wien, Kinder und Jugendhilfe, Rechtsvertretung Bezirke 16, 17, 18 und 19, 1170 Wien, Kalvarienberggasse 29), wegen Unterhaltsvorschuss, über den Revisionsrekurs des Kindes gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 22. Juli 2020, GZ 48 R 65/20v 46, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Döbling vom 21. Februar 2020, GZ 7 Pu 74/17k 18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Rekursgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, die Zustellung jeweils einer Gleichschrift des Revisionsrekurses an den Vater A* zu Handen der Zustellkuratorin RA Dr. Elisabeth Nowak zu veranlassen.
Nach Erstattung der Revisionsrekurs-beantwortung bzw fruchtlosem Verstreichen der Frist sind die Akten erneut dem Obersten Gerichtshof vorzulegen.
Text
Begründung:
[1] Das Erstgericht wies den Antrag des durch den Kinder und Jugendhilfeträger vertretenen Kindes auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen gemäß § 7 1.COVID 19-JuBG, BGBl I 2020/16, ab (ON 18).
[2] Das Rekursgericht bezog auch den Vater als Unterhaltsschuldner, die Mutter als Zahlungsempfängerin und den Bund, vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien in das Verfahren ein und gab dem dagegen vom Kind erhobenen Rekurs nicht Folge. Zunächst sprach das Rekursgericht aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei (ON 46).
[3] Gleichschriften der vom Kind ein gebrachten Zulassungsvorstellung, verbunden mit einem ordentlichen Revisionsrekurs, wurden nach der Aktenlage vom Erstgericht weder dem Vater noch dem Bund zugestellt.
[4] Mit Beschluss vom 28. 9. 2020 gab das Rekursgericht der Zulassungsvorstellung des Kindes Folge, sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch zulässig sei und stellte dem Vater und dem Bund, vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien, gemäß § 63 Abs 5 AußStrG die Beantwortung des ordentlichen Revisionsrekurses frei.
[5] Das Rekursgericht ordnete laut der Aktenlage (allein) die Zustellung des Beschlusses über die Zulassungsvorstellung an, nicht aber die Zustellung des Revisionsrekurses. Der Bund gab bekannt, keine Revisionsrekursbeantwortung einzubringen.
Rechtliche Beurteilung
[6] Die Aktenvorlage an den Obersten Gerichtshof ist verfrüht, weil über das Rechtsmittel derzeit noch nicht entschieden werden kann.
[7] 1.1 Wird ein Revisionsrekurs, oder – wie hier – eine Zulassungsvorstellung, mit der ein ordentlicher Revisionsrekurs verbunden ist, gegen einen Beschluss erhoben, mit dem über die Sache entschieden worden ist und findet das Gericht erster Instanz keinen Grund zur Zurückweisung, so ist jeder anderen aktenkundigen Partei eine Gleichschrift zuzustellen (§ 68 Abs 1 AußStrG).
[8] 1.2 Unter einem Beschluss „über die Sache“ wird jede Entscheidung über den Verfahrensgegenstand verstanden (RS0120860). Die anderen Parteien können binnen 14 Tagen eine Beantwortung des Revisionsrekurses überreichen.
[9] 2.1 Im Gewährungsverfahren nach dem UVG ist das Kind Partei im formellen Sinn gemäß § 2 Abs 1 Z 1 AußStrG. Wie sich aus §§ 12, 14 UVG ergibt, kann dem Bund (vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts) und dem Geldunterhaltsschuldner, möglicherweise auch weitere Personen Parteistellung im Sinn des § 2 Abs 1 Z 3 AußStrG zukommen, soweit ihre rechtlich geschützte Stellung unmittelbar beeinflusst werden kann. Daher steht es im vorliegenden Fall auch dem Vater als Geldunterhaltsschuldner frei, gemäß § 68 Abs 1 und Abs 3 Z 2 AußStrG eine Beantwortung des Revisionsrekurses einzubringen (vgl 10 Ob 7/17b und 10 Ob 17/14m, jeweils zu Fällen, in denen vom Erstgericht ein Unterhaltsvorschuss gewährt worden war; RS0120860 [T12]).
[10] 2.2 Hat das Erstgericht die Gleichschrift des Revisionsrekurses nicht den weiteren Parteien zugestellt, ist dies vom Rekursgericht mit dem Beschluss, mit dem die Revisionsrekursbeantwortung freigestellt wird, nachzuholen (vgl 10 Ob 1/17w).
[11] 2.3 Das Rekursgericht hat zwar den Beschluss vom 28. 9. 2020 (mit dem der Revisionsrekurs für zulässig erklärt wurde) dem Vater und dem Bund zugestellt und diesen Parteien die Beantwortung des Revisionsrekurses freigestellt (§ 63 Abs 5 AußStrG). Eine Zustellung einer Gleichschrift des Revisionsrekurses an den Vater als Unterhaltspflichtigen (zu Handen der Zustellkuratorin) ist nach der Aktenlage aber bisher nicht erfolgt.
[12] Dies ist vom Rekursgericht noch nachzuholen, weshalb die Akten dem Rekursgericht zurück zustellen sind.